Prostitution 2021 – Bestandsaufnahme nach Öffnungen – 30.06.2021
Eine Situationsbetrachtung in der Wochenmitte
15 von 16 Bundesländern haben nun geöffnet. Mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz, wo Prostitutionsstätten und -betriebe erst am Freitag, dem 2. Juli 2021 unter noch unbekannten Bedingungen wieder öffnen dürfen, ist legale Sexarbeit wieder möglich. Mit Hessen und dem Saarland starteten am vergangenen Freitag (25. Juni 2021) die erotischen Betriebe in eine ungewisse Zukunft.
Aller Anfang ist bekanntlich schwer und dies erst recht, wenn die vorliegenden Rahmenbedingungen eine erfolgreiche Arbeit erschweren oder sogar unmöglich machen! Hierzu einige Beobachtungen, die in der freitäglichen Zoom-Konferenz der Interessengemeinschaft Zukunft Rotlicht zu Tage traten:
In Baden-Württemberg gelten für Prostitutionsstätten sehr strenge Zugangs-beschränkungen: neben der Test- und Dokumentationspflicht, darf nur ein Kunde pro 10 qm in den Betrieb eingelassen werden, in Bayern und im Saarland gilt ein strikter 1:1-Kontakt, der zusätzliche gastronomische Angebote und den Aufenthalt an sich unmöglich macht. In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Beschränkungen und so kommt es, dass in einigen Bundesländern FKK-Clubs und Swingerbetriebe legal auf Hochtouren laufen, während bei der gleichen niedrigen Inzidenz in anderen Bundesländern nur ein unerquicklicher Notbetrieb erlaubt ist.
In Nordrhein-Westfalen, wo Öffnungen bei günstiger Inzidenz bereits seit Ende Mai wieder möglich waren, sind einige Großbetriebe noch geschlossen, da der Aufwand der Gäste-Erfassung nicht im Verhältnis zum möglichen monetären Ergebnis steht. Zudem gibt es bei den großen Häusern viel zu wenig Dienstleisterinnen, da einige Städte auf gültige Prostitutionspapiere bestehen, diese aber nicht zeitnah ausstellen können. Ergebnis: Kein Kompromiss, keine neuen Damen! Laden zu!
In Berlin sind sexuelle Dienstleistungen „ohne Geschlechtsverkehr“ möglich, in Hessen waren die Behörden auf die urplötzliche Öffnung überhaupt nicht vorbereitet und wenn man die Ordnungsbehörden bundesweit nach den hygienischen Anforderungen fragt, erntet man mal ein Achselzucken oder bekommt, wie in Sachsen, einen ganzen Vorschriften-Katalog überreicht. Der Föderalismus treibt erneut merkwürdige Blüten und sorgt dafür, dass man in Papier untergeht und niemand mehr genau weiß, was wo gilt.
In Stuttgart haben sich einige prominente Betreiber nach nüchterner Analyse entschlossen, ihre Betriebe vorerst nicht zu öffnen, da es sowohl an Damen wie an Kunden fehlt und diese nach wie vor in illegalen Stätten anzutreffen sind, wo sie von den Behörden durchgängig geduldet werden. Im selben Bundesland, aber an der Grenze zu Frankreich, laufen die Geschäfte hingegen bereits wieder zufriedenstellend.
Auch im Frankfurter Bahnhofsviertel, wo einige der großen Laufhäuser am vergangenen Freitag wieder öffneten, laufen die getesteten und ordnungsgemäß registrierten Freier durch ziemlich leere Flure, während auf den Straßen im Sperrbezirk unvermindert gekobert wird und sich die diversen Hotels und Pensionen über Einnahmen durch illegale Nutzung freuen. Der Wille, dem völlig rechtswidrigen Treiben ein Ende zu setzen, ist bei den Behörden offensichtlich nicht vorhanden und dies benachteiligt die legalen Betriebe in einem geradezu existenzbedrohenden Maß.
Absurditäten, die man momentan in fast allen Bereichen des staatlichen „Corona-Verwaltens“ findet. Die unterstellte „Chaos-Theorie“ scheint sich in unserer gelebten Realität zunehmend zu bewahrheiten. Ausgang ungewiss! So ist es ist nicht verwunderlich, dass sich bereits einige Betreiberinnen und Betreiber überlegen, noch einige Zeit unter dem „Rettungsschirm Überbrückungshilfe III“ zu bleiben, um nicht ein unüberschaubares Risiko zu gehen und mit viel Arbeit nichts zu verdienen und womöglich den Ruf des Betriebs zu ruinieren.
Schwierige Zeiten, die viel Geduld erfordern und wo zu überlegen ist, wie man sich jetzt neu aufstellt! Dies muss immer „lokal“ betrachtet werden, da es ja leider keine einheitlichen Regeln und Situationen gibt.
Notwendigkeiten und Aufgaben der Woche
Ich habe am Wochenende die Aktion „Malu … mach uff!“ gestartet, um die Landesregierung Rheinland-Pfalz noch einmal an „das Versprechen“ zu erinnern und die Öffnungen im Land ab dem 1. Juli 2021 endlich zu ermöglichen. Dazu gibt es einen Appell in Form eines Offenen Briefes, der heruntergeladen und verschickt werden kann. Nun hat sich in Rheinland-Pfalz etwas getan und wir warten auf die neue Landesverordnung mit Spannung.
In Bayern sind weitere Klagen anhängig, die zum Ziel haben die geltenden Gastronomiebeschränkungen für Prostitutionsstätten zu kippen. Die Biergärten dürfen prall gefüllt sein, während man in Barbetrieben noch nicht einmal mit 2 Personen einen Sekt schlürfen darf. Im Laufhaus wird völlig einsam und mit Voranmeldung gelaufen, während es in Fußball-Stadien wieder kollektiv zur Sache geht. Absurd! Beteiligungen an den anhängigen Klagen sind willkommen und ich stelle hier gerne die notwendigen Kontakte her!
Die intensive Beobachtung der „Zustände“ wird diese Woche meine wichtigste Aufgabe sein und die Berichte dazu werden täglich folgen! In diesem Sinn wünsche ich eine gute und hoffentlich erfolgreiche Woche!
Ihr / Euer
Howard Chance