Prostitutionsgesetz 2017 – Nach stille Nacht kommt stille Post?
Der Glühwein ist getrunken, der Weihnachtsbaum beginnt zu nadeln, die „stille Nacht“ ist vorbei und selbst der Jahreswechsel wurde schon erfolgreich absolviert. Nach dem Fest ist vor dem Fest und beim Reizthema „Prostitutionsgesetz“ beobachte ich momentan in vielen Internet-Foren die „stille Post“, die mich zunehmend beunruhigt! Warum?
Seit einigen Wochen beginnen die Informationskampagnen zum neuen Prostitutionsgesetz und fast täglich werden an irgendeiner Stelle im Web neue Informationen dazu veröffentlicht: mal ist es der reine Gesetzestext als Download oder Abschrift, mal sind es aber auch recht kurze Zusammenfassungen, die den Gesetzesinhalt „angeblich“ komprimiert wiedergeben.
Komprimieren ist ja auf dem PC gut, weil man Speicherplatz spart und es zudem möglich ist durch Dekomprimieren den ursprünglichen Zustand der Datei zu rekonstruieren. Wenn man aber Gesetzestexte stark verkürzt und bei dieser Verkürzung auch noch persönliche Interpretationen oder gar Intentionen einfließen lässt, muss man sich über das Ergebnis nicht wundern!
Ich bin jedenfalls in den vergangenen Tagen bei so manchen essentiellen Zusammenfassung rückwärts vom Stuhl gefallen, weil ich Dinge lesen musste, die einfach halb- oder unwahr sind, sich aber bereits per stiller Post fortpflanzen. Eine unglaublich große Anzahl von Hobby-Juristen hat sich auf das Thema gestürzt und will inhaltlich informieren. Aufklärung ist zwar wichtig, aber falsche Information ist nun mal nicht der geeignete Weg, wobei ich überhaupt keinen bösen Willen unterstelle, sondern eher eine gewisse Nachlässigkeit oder einfach einen Mangel an juristischem Fachwissen.
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Angeblich gibt es in Deutschland noch keine Behörden, die das Gesetz überhaupt umsetzen können und daher muss man sich keine Sorgen machen?
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Hobbyhuren gehen kein Risiko ein, wenn sie weiter schwarz tätig sind? Wird einfach weiter so geduldet …?
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Die Verfassungsbeschwerde ist doch fast schon durch. Das Gesetz ist gekippt?
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Die Behörden dürfen die Anmeldedaten von Sexworkern nicht ans Finanzamt weitergeben wegen Datenschutz?
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Für Prostitutionsdienste muss man keine Steuer zahlen, sonst macht sich der Staat ja zum Zuhälter?
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Die Behörden haben keinen Bock auf das neue Gesetz und werden es wahrscheinlich nicht umsetzen?
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Werde Reichsbürger und Du kannst das neue Gesetz einfach ignorieren?
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Als Hure kann ich weiter auf Kondome verzichten, weil ich nicht bestraft werden kann?
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Wenn man bei einem Kondom den vorderen Teil entfernt und die Eichel blank herausguckt, hat man die Kondompflicht doch erfüllt?
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Einfach den Hauptsitz des Bordellbetriebs ins Ausland verlegen und schon hat man mit den deutschen Behörden keine Probleme mehr?
Zugegeben: ich habe jetzt nur einige sehr krasse Beispiele herausgegriffen, um meine Erörterung plakativ zu beschildern, aber von solch gearteten Statements gibt es inzwischen Unmengen in Foren und Portalen. Bedenklich, weil die Thesen eben gerne aufgenommen und
in den sozialen Netzwerken durch den Orbit gepostet werden! – Nach der Logik von Social Media wird eben „wahr“, was nur oft genug behauptet, gepostet und geteilt wird. Oder?
Klar, wir haben in Deutschland zum Glück Meinungsfreiheit und prinzipiell kann jede und jeder den größten Unsinn verbreiten, wenn dadurch nicht der Rechtsstaat gefährdet oder andere Personen diffamiert oder geschädigt werden. Aber wie will man überhaupt im Internet noch „Wahrheit“ finden, wenn es von Falschmeldungen nur so wimmelt? Da ist irgendwann der schlauste Kopf überfordert und schaltet in den „Buffer overrun“.
Den Leuten, deren Existenz an Sexarbeit hängt, ist nur zu raten, das Gesetz selbst intensiv zu lesen und diese „Rotlicht-Bibel“ immer wieder zur Überprüfung von Behauptungen aller Art heranzuziehen. Nur so ist man wirklich vor schweren Irrtümern gefeit! Den Begriff „Bibel“ habe ich übrigens absichtlich gewählt, weil diese ja in der Geschichte auch immer wieder zweckorietiert (fehl)interpretiert wurde, um Glaubenskriege zu entfachten und um Menschen zu beeinflussen. Warum sonst hätte Martin Luther sonst auch vor 500 Jahren in Wittenberg genagelt? Luther vertraute damals ausschließlich auf das geschriebene „Wort“ und nicht auf die stille Post des Klerus: so sollten wir mit dem Gesetz auch umgehen und immer mit wachen Augen durch das Web gehen!