Rechtsanwalt Guntram Knop: 8 JAHRE ProstSchG ZEIGEN WIRKUNG
Das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz Prost SchG) ist am 01.07.2017 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber verfolgt mit der Regulierung des Prostitutionsgewerbes das Ziel, den Schutz der Prostituierten zu rea lisieren und sie insbesondere vor Menschenhandel, Gewalt und Ausbeutung zu schützen; aber auch deren Gesundheit soll durch das Gesetz geschützt werden.
Nachfolgend werde ich der Frage nachgehen, ob aus Sicht des anwaltlichen Beraters die gesetzgeberischen Ziele realisiert werden konnten. Um es kurz vorwegzunehmen: nach anfänglichen Schwierigkeiten setzen die zuständigen Behörden die gesetzgeberischen Ziele konsequent und weitestgehend erfolgreich um.
Rechte und Pflichten ….
Das ProstSchG regelt Rechte und Pflichten von Prostituierten. Betreiber benötigen eine Erlaubnis zum Betreiben eines Prostitutionsgewerbes und haben einen umfangreichen Pflichtenkatalog zu erfüllen. Den zuständigen Behörden hat der Gesetzgeber hierzu zahlreiche Überwachungsmöglichkeiten geschaffen.
Erstmals sind Prostituierte verpflichtet, sich vor Aufnahme der Tätigkeit bei der zuständigen Behörde anzumelden. Nach einer informellen Beratung erhalten sie eine Anmelde-bescheinigung.
Das Gesundheitsamt führt vorab eine Pflichtberatung durch und stellt eine entsprechende Bescheinigung aus. Ohne diese beiden Bescheinigungen dürfen Betreiber von Prostitutionsstätten und EscortAgenturen Prostituierte nicht bei sich arbeiten lassen bzw. nicht an Kunden vermitteln.
Datenverarbeitung und Datenschutz regelt das ProstSchG detailliert und streng im Sinne des Datenschutzes der Prostituierten. Über die Erteilung der Anmeldebescheinigung wird das zuständige Finanzamt hingegen unverzüglich informiert. Diese besondere Mitteilungspflicht hat zur Folge, dass die Finanzbehörden Prostituierte steuerlich erfassen, die sich bislang dem Zugriff des Fiskus entziehen konnten. Zahlreiche steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren sind die Folge.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die zuständige Behörde bei Erteilung der Anmeldebescheinigung an ausländische Staatsangehörige die Berechtigung zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit prüft. Ein richtiger und wichtiger Schritt zur Verhinderung illegaler Tätigkeit in dieser Branche!
Neu: Anmeldeverfahren und Konzessionspflicht für Prostitutionsbetriebe
Bis zum Inkrafttreten des ProstSchG genügte es gewerberechtlich die Eröffnung eines Bordells beim Gewerbeamt anzuzeigen. Bereits bestehende Betriebe mussten bis zum 01.10.2017 bei der zuständigen Behörde angezeigt und bis spätestens 31.12.2017 musste ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis gestellt werden, um so einen Bestandsschutz zu erreichen, der bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens wirkte.
An dieser Jahresfrist sind bereits einige Betriebe „gescheitert“. Oftmals wurde die Frist schlicht versäumt oder kein vollständiger Antrag eingereicht bzw. dieser nach dem 31.12.2017 erweitert. Bereits damals kannten manche Behörden keine Gnade mit der Folge, dass diese Betriebe ab 01. Januar 2018 als illegal eingestuft wurden. Spätestens jetzt sprach sich in der Branche herum, dass der Gesetzgeber es ernst meinte und kein Pardon kannte. Ein Umdenken in der Branche war, aus meiner Erfahrung, bereits zu diesem Zeitpunkt zu erkennen.
Knackpunkt: Zuverlässigkeit der Betreiber
Was beinhaltet ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis? Dieser besteht aus zwei Teilen. Die Behörde prüft anhand vorgelegter Unterlagen und erteilten Auskünften anderer Behörden die Zuverlässigkeit des Antragstellers. So mancher scheitert bereits an der Zuverlässigkeit, wenn bekannt wird, dass er fünf Jahre vor Antragstellung rechtskräftig wegen einer Katalogstraftat verurteilt wurde.
Das Gesetz spricht zwar davon, dass dann die Zuverlässigkeit „in der Regel“ nicht gegeben ist, jedoch zeigt sich, dass die Behörde in solchen Fällen ausnahmslos die Zuverläs sigkeit verneint und keine Erlaubnis erteilt. Interessanterweise segnen die Verwaltungs gerichte diese Vorgehensweise regelmäßig ab.
Überdies wird nicht nur die Vergangenheit des Antragstellers durchleuchtet, sondern es werden Auskünfte bei Polizeibehörden über aktuelle Ermittlungen oder andere relevante Erkenntnisse eingeholt. Bei der gelegentlich erforderlichen Ermessensentscheidung fließen aktuelle Erkenntnisse immer ein und führen nach meinen Erfahrungen oft zur Versagung der Erlaubnis.
Der strenge Maßstab bei Erteilung der Erlaubnis findet überdies auch Anwendung bei der Rücknahme bzw. Widerruf der Erlaubnis. Wird der Betreiber nach Erteilung der Erlaubnis wegen einer Katalogstraftat rechtskräftig verurteilt, führt dies nach meinen Beobachtungen immer zur Rücknahme bzw. Widerruf der erteilten Erlaubnis. Die Behörden verfolgen konsequent das Ziel, das Prostitutionsgewerbe vor kriminellen Einflüssen und unzuverlässigen Personen zu schützen. Auch dies wird von den Verwaltungsgerichten bestätigt.
Bislang kam es immer wieder vor, dass sogenannte „Strohmänner“ eingesetzt wurden, um so den tatsächlichen Betreiber zu verschleiern. Ehefrauen oder dritte Personen stellten den Antrag, wirtschaftliche Nutznießer sollten aber der Ehemann oder eine andere Person sein. Den Behörden ist diese Praxis bekannt. Es werden daher selbst bei kleinstem Verdacht der Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse umfangreiche Auskünfte eingeholt. Gelegentlich wird sogar beim zuständigen Staatsschutz angefragt. Das Gesetz verlangt auch eine Zuverlässigkeitsprüfung der Stellvertreter des Betreibers. Stellvertreter ist bereits derjenige, der hinreichenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit ausübt. Dazu zählen unter Umständen sogar die Telefonistin der Escort-Agentur oder die Hausdame des Bordells. Die Behörden verfolgen auch hier das Ziel, unzuverlässige Personen auszuschließen. Demzufolge führen spätere Verurteilungen in der Regel zum Widerruf der Stellvertretererlaubnis.
Neu … Ein Betriebskonzept ist erforderlich!
Die zweite Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis ist die Ausarbeitung eines Be triebskonzepts für das Prostitutionsgewerbe. Escort-Agenturen sind verpflichtet, mit den Escort-Damen einen Vermittlungsvertrag in Textform abzuschließen, Zimmer-Anmietungen im Bordell müssen ebenfalls schriftlich dokumentiert werden. Diese Verträge bzw. deren Entwürfe müssen der Behörde vorab zur Prüfung vorgelegt werden. Anfangs war dies nur eine „reine Formsache“. Mittlerweile prüfen die Behörden jede Klausel des Vertrages. Sobald eine Klausel den Anschein erweckt, dass die Dienstleisterin nicht mehr frei entscheiden kann, ob sie einen Termin mit einem Kunden wahrnimmt oder ob eine sonstige Übervorteilung erkennbar ist, muss hier nachgebessert werden .
Das Betriebskonzept für ein Bordell hat sehr viele Auflagen zu berücksichtigen. Jedes Arbeitszimmer muss über ein sachgerechtes Notrufsystem verfügen. Was bedeutet „sachgerecht“ im konkreten Fall? Behörden und Verwaltungsgerichte setzen mittlerweile strenge Maßstäbe. Anfangs genügte ein Notrufknopf im Arbeitszimmer. Mittlerweile muss sichergestellt sein, dass das Notrufsystem nicht durch ein Eingreifen des Kunden wieder außer Kraft gesetzt werden kann. Prostituierte dürfen sich auch nicht allein mit dem Kunden in den Prostitutionsstätten aufhalten. Mindestens eine weitere Prostituierte oder der Betreiber müssen vor Ort sein, um im Falle eines Falles Hilfe leisten zu können. Behörden setzen das Ziel des ProstSchG, Prostituierte vor Gewalt zu schützen, in der Praxis konsequent um.
Eine weitere Auflage des ProstSchG sieht vor, dass die Arbeitszimmer jederzeit von innen und außen geöffnet werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass Kunden das Zimmer nicht abschließen können und die Prostituierten dem Kunden schutzlos ausgeliefert sind. Vorzuweisen sind angemessene Sanitäreinrichtungen und Sozialräume sowie separate Schlafmöglichkeiten, damit die Prostituierten nicht in ihrem Arbeitszimmer schlafen müssen. Einige Bundesländer orientieren sich bei der Frage der Angemessenheit dieser Einrichtungen an den Maßstäben des Arbeitsstätten- und Gaststättenrechts. Die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung sind zu beachten und einzuhalten. Die Prostituierten werden genauso geschützt wie alle Arbeitnehmer:innen in Deutschland.
Der Betreiber muss sicherstellen, dass bei ihm keine Prostituierte tätig ist, die Opfer von Menschenhandel ist. Die Behörde verlangt die Durchführung von entsprechenden Maßnahmen, wie ein ausführliches „Bewerbungsgespräch“ und die Beachtung von An haltspunkten, die für eine Ausbeutung sprechen könnten. Das Betriebskonzept hat weiterhin den Jugendschutz zu beachten. Befinden sich Kinder- oder Jugendeinrichtungen in der näheren Umgebung, wird die Erlaubnis regelmäßig nicht erteilt.
Erweiterte Kontrollmöglichkeiten der Behörden
Vor Erteilung der Erlaubnis erfolgt eine Ortsbegehung durch die Behörde. Jedes Arbeits zimmer wird kontrolliert um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Auflagen erfüllt werden. Es bleibt aber nicht bei dieser Kontrolle. Mittlerweile werden Prostitutionsstätten regelmäßig von den Behörden ohne vorherige Ankündigung inspiziert. Das ProstSchG erlaubt den Behörden, die Räumlichkeiten jederzeit während der Geschäftszeiten zu betreten, Einsicht in die geschäftlichen Unterlagen zu nehmen und Personenkontrollen vorzunehmen.
Verstöße gegen das ProstSchG bzw. Auflagen wurden anfangs noch „human“ sanktioniert. Mittlerweile schöpfen Behörden den Bußgeldrahmen in vollem Umfang aus. Ein Beispiel: Betreiber:innen von Prostitutionsstätten dürfen Prostituierte nur bei Vorliegen gültiger Anmeldebescheinigungen bei sich arbeiten lassen. Früher wurde ein Verstoß gegen diese gesetzliche Vorgabe bei Erstbegehung mit einem Bußgeld in Höhe von € 250,00 sanktioniert. Heute beträgt das Bußgeld teilweise € 2.500,00. Die Behörden kennen keine Gnade! Bei den Betreibern hat mittlerweile ein Lernprozess eingesetzt. Sie haben verstanden, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten haben. Bei mehrmaligen Verstößen stellt sich die Frage, ob der Betreiber noch zuverlässig ist. Es drohen der Widerruf oder die Rücknahme der Erlaubnis. Illegale Betriebe werden konsequent geschlossen und die Eingangstüren versiegelt. Darüber hinaus werden ausnahmslos hohe Bußgelder festgesetzt.
Bei der Überwachung des Prostitutionsgewerbes arbeiten die zuständigen Behör den mit Steuerfahndern und Zollbeamten Hand in Hand. Steuerfahnder kontrollieren nicht nur die von dem Betreiber zu erstellenden Aufzeichnungen, sondern auch die an wesenden Prostituierten, ob diese beim Finanzamt registriert sind und auch ihren Auf zeichnungspflichten nachkommen. Seit jüngster Zeit verhängen Steuerfahnder bereits vor Ort Bußgelder, wenn die Prosti tuierte keine Aufzeichnungen über ihre Einnahmen vorlegt.
Zollbeamte prüfen, ob eine illegale Beschäftigung gegeben ist und leiten unverzüglich Ermittlungsverfahren ein. Ein Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz oder das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz führt für den Betreiber in der Regel zum Widerruf seiner Erlaubnis. Die Zuverlässigkeit des Betreibers und seines Stellvertreters wird spätestens alle drei Jahre erneut überprüft. Diese Prüfung ist genauso streng wie die erstmalige bei Antragstellung.
Ergebnis: Die Zielsetzung des Gesetzes wird weitestgehend erreicht!
Zu Recht kann man nach acht Jahren feststellen, dass diese Branche zu den am besten überwachten in Deutschland zählt. Meine jahrelangen Erfahrungen als bundesweit tätiger Rechtsanwalt zeigen, dass Behörden das gesamte Instrumentarium einsetzen, um die Prostitutionsbranche effektiv zu kontrollieren und die Ziele des Gesetzgebers – Menschenhandel zu unterbinden und die Prostituierten vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen – umzusetzen.
Ausblick: Das Nordische Modell und die Folgen
Die Einführung des Nordischen Modells würde das Prostitutionsgewerbe erneut in die Illegalität verdrängen. Die bisherigen Erfolge der Regulierung und der damit verbundene Schutz der Prostituierten würden zunichtegemacht. Betriebe, die mit Hilfe des ProstSchG einer strengen Kontrolle unterliegen und die rechtskonform arbeiten, müss ten schließen.
Der Prostituierten selbst wird beim Nordischen Modell die Ausübung der Prostituierten nicht verboten. Die Inanspruchnahme der Dienste der Prostituierten wird aber unter Strafe gestellt und zwar unabhängig davon, ob diese die Prostitution freiwillig oder zwangsweise ausübt. Der Kunde begeht in jedem Fall eine Straftat und nicht nur eine Ordnungswidrigkeit.
Faktisch kommt dies einem Berufsverbot für die Prostituierten gleich. Der Kunde, dem sie ihre Dienste anbietet bzw. der sie in Anspruch nimmt, macht sich immer strafbar. Die Vertreter des sog. Nordischen Modells beabsichtigen, dass der legale Beruf der Prostitution nicht mehr ausgeübt werden kann.
Somit kann der Schutzgedanke des ProstSchG, die Prostituierten vor Menschen handel, Gewalt und Ausbeutung zu schützen, nicht mehr gewährleistet werden!