Prostitution 2017 – Philip Siegel – 3 Zimmer, Küche, Porno – Buchvorstellung
Der Buchautor Philip Siegel, Fernsehredakteur und freier Autor, befasst sich in seinem neu erschienenen Buch „3 Zimmer, Küche, Porno“ mit der interessanten Frage, warum immer mehr Menschen in die Sexbranche einsteigen. Pornografie ist zu einem Freizeitabenteuer geworden, Mitbürger wie du und ich präsentieren sich virtuell äusserst freizügig im Internet und haben damit mitunter mehr Erfolg, als die etablierten „Profis“, denen dadurch ganz schön die finanzielle Puste ausgeht.
In den vergangenen Jahren ist hier ein ganz eigener Kosmos entstanden, der die Pornobranche total verändert hat: wurden in den Zeiten von Gina Wild, Teresa Orlowski und Kelly Trump noch aufwendige Sets und ein großes Filmteam eingesetzt, reicht heute manchmal die digitale Amateurkamera vom Discounter und da private Wohn- oder Schlafzimmer für die erfolgreiche Produktion von anzüglichen Clips.
So wird aus Bäckerei-Fachverkäuferin Uschi B. plötzlich „Lolette Lamour“ und Kranfahrer Siggi aus Oer-Erkenschwick, entwickelt in seiner Freizeit die Figur des „Magic Hammers“, der mit seiner enormen Standkraft und imposanter Technik betört.
Indem man die Konsumenten und Kunden in die Produktionen einbezieht und damit immer neue „Amateur-Stars“ entstehen, wächst die Branche ständig und es gehört in Deutschland scheinbar inzwischen zum guten wie frivolen Ton, einmal in einem Porno mitgespielt zu haben. Aufrufe zu anzüglichen Castings gibt es hundertfach und dabei vermischen sich auch
die Grenzen zwischen rein darstellender Pornografie und handfester Prostitution, wenn nämlich „Casting- oder Drehgebühren“ erhoben werden, die dann den Darstellerinnen direkt
oder indirekt zugute kommen.
Nicht jede Produktion, die unter dem Label „Amateur“ firmiert, hat auch wirklich „Amateur“ im Karton: oftmals ist die Produktion der Haupt-Broterwerb oder die Produktion ist ein Zusatzprodukt von Prostitution oder sonstiger realer Sexarbeit.
Der Gesetzgeber hat die „darstellende erotische Kunst“ nicht unter Prostitution eingeordnet, aber der Finanzminister langt natürlich trotzdem zu, da nach der exitierenden deutschen Abgabenordnung prinzipiell jeder in Deutschland verdiente Euro steuerpflichtig ist. Da die Amateurclips in den meisten Fällen über große Portale vermarktet werden, die per Überweisung Kundengelder weiterleiten, ist die steuerfreie schwarze Nebeneinnahme, die sich bei Prostitution recht einfach erzielen lässt, im Cam-Sektor eher nicht die Norm, weil eben verwertbare Belege und Buchungen entstehen.
Philip Siegel geht mit seinem Buch „Drei Zimmer, Küche, Porno“ auf eine einzigartige Entdeckungsreise, in dem Normalität und Exzentrik oft nur eine Wohnungstür voneinander entfernt liegen. Er blickt hinter die Kulissen einer verborgenen Branche, die unser Verhältnis zur Sexualität sowohl spiegelt als auch immer stärker beeinflusst.
Wenn man bei der Reise durch das Internet plötzlich seine spröde Nachbarin entdeckt, die hingebungsvoll fremde Geräte entdeckt oder wenn ein Bundespolizist wegen eines ungenehmigten Porno-Nebenjobs mit disziplinarischen Konsequenzen zu rechnen hat, sind wir in der Realität von „Porno 4.0″ angekommen!
Das Buch ist sehr lesenswert, interessant geschrieben und zeigt, wie intensiv der Autor in die Szene eingestiegen ist. Begleiten Sie ihn bei seinen Einblicken? Reizt Sie das Thema unter Umständen persönlich? Dann sollten Sie die Lektüre nicht verpassen:
Philip Siegel: Drei Zimmer, Küche, Porno – Campus-Verlag – Erschienen Februar 2017