Prostitution 2017 – Jahresrückblick und Ausblick – Howard Chance
Das Jahr 2016 nähert sich unaufhaltsam seinem Ende. Nur noch ein Tag und das für die Erotik-Branche durchaus aufregende Jahr ist Geschichte. Warum aufregend? nun, weil ja im Jahr 2016 mit dem neuen Prostitutionsgesetz die Weichen für die Zukunft der Sexarbeit in Deutschland gestellt wurden. Ich blicke heute betrachtend auf das Jahr 2016 zurück und wage einen ersten Ausblick auf 2017, wobei ich meine publizistische und beratende Arbeit in einen chronologischen Kontext bringe: was war, was ist, was kommt? Ich werde im kommenden Jahr ganz sicher nicht an Arbeitsmangel leiden und muss mich selbst grundlegend neu strukturieren, um meinen Mandaten eine möglichst guten Service bieten zu können. Jeden Auftrag anzunehmen, ist dabei nicht das Gebot der Stunde! Dafür sind die bereits in der Schublade liegenden Aufträge bereits zu arbeitsintensiv und fordernd. Doch zu dieser Thematik komme ich später noch zurück.
Was war? – Der Jahresrückblick 2016
Das Jahr begann mit intensiven Diskussionen darüber, ob das neue Prostitutionsgesetz nun wirklich vom Deutschen Bundestag verabschiedet wird. Die Sexworker-Verbände waren zu Beginn des Jahres noch der Meinung, dass man in den parlamentarischen Anhörungen in Berlin noch auf maßgebliche Veränderungen zum Gesetzesentwurf hinwirken könnte. Leider waren die Anhörungen im Ergebnis eher eine von den Parlamentariern absolvierte Pflicht, wo man zwar Interesse an den Meinungen der geladenen Expertinnen und Experten vorgab, aber dann die Anregungen doch nicht annahm. Eine klare Ohrfeige für alle Aktivisten, die feststellen mussten, wie Gesetzgebungsverfahren in Deutschland nun mal so laufen. Keine Basis-Demokratie und zudem ein Thema, das einen Großteil der Gesellschaft, wenn überhaupt, nur mäßig interessiert und mit dem sich auch kein prominenter Politiker schmücken möchte. Wir erinnern uns: spiel nicht mit den Schmuddelkindern …
Im Juli 2016 wurde das neue Prostitutionsgesetz dann „tatsächlich“ im Deutschen Bundestag mit einer breiten Mehrheit der Regierungskoalition verabschiedet. Ich habe das „tatsächlich“ besonders markiert, weil der Beschluss in der Branche trotz der klaren Vorzeichen immer noch recht ungläubig zur Kenntnis genommen wurde. Obwohl Insider und Experten die Verabschiedung nie in Zweifel gezogen hatten und nach 7 Jahren Beratung nun einfach ein Gesetz herbei musste, war die „Überraschung“ groß und man hoffte nun auf den Bundesrat, der doch eine solches „Machwerk“ nicht unbeanstandet durchwinken konnte. Tja, leider auch ein sehr trügerisches Gefühl. Im Bundesrat gab es zwar Änderungswünsche einiger Bundesländer, aber im Ergebnis wurde mit breiter Mehrheit und ohne erneute Beratungen zugestimmt und in der Branche breitete sich Ende September 2016 das Entsetzen aus.
Etwa zeitgleich (also im September 2016) kam meine Fachpublikation zum neuen Gesetz auf den Markt und verkaufte sich bislang unerwartet gut, was mich als Autor natürlich freut. Von Anfang an war klar, dass ein Fachbuch, das für einen eingeschränkten Personenkreis konzipiert wurde, kein Bestseller wird und sich natürlich nicht so gut verkauft wie ein frivoles preisgünstiges Taschenbuch oder ein neuer „Harry Potter“. Aber das war ja auch nicht Sinn und Zweck meiner Arbeit.
Die Monate Oktober, November und Dezember 2016 waren dann mit vielfältigen Diskussionen, Anfeindungen und vielfältigen Mißverständnissen gespickt, die mir schon einmal kurzfristig die gute Laune geraubt haben, wenn man meine „Prognosen“, die nachfolgend fast alle eintrafen, zum Unfug erklärte und zudem versucht wurde, mich zum Ausbeuter zu erklären, der den Sexworkern mit unseriösen Methoden das mühevoll verdiente Geld aus der Tasche ziehen will. Wie man auf solche Ideen kommen kann, verstehe ich bis heute nicht, aber es ist für mich auch nicht (mehr) weiter wichtig. Lag es vielleicht auch an der Art der „Botschaften“, die ich überbrachte:
Der Überbringer einer schlechten Nachricht, braucht immer ein sehr schnelles Pferd?
Nach dem Bundestags-Beschluss und der diesbezüglichen Bundesrats-Zustimmung, tauchte bald die „Verfassungsbeschwerde“ als Mittel der Wahl auf, die nun, und damit landen wir in der Gegenwart, wohl die einzig verbleibende Möglichkeit ist, das neue Gesetz noch zu „stoppen“, wobei dies aber nur im „Einstweiligen Verfahren“ zeitnah erfolgen könnte. Denn: wenn man im „normalen Beschwerdeverfahren“, das erst nach Inkrafttreten des Gesetzes möglich ist, erst nach zwei bis drei Jahren eine Entscheidung erwarten kann, liegt das Kind leider längst ertrunken im Brunnen, weil Sexworker dann bereits amtlich erfasst und diverse Betriebe und Gewerbe bereits geschlossen sein werden und man das Rad der Zeit dann einfach nicht mehr zurückdrehen kann!
Was ist? – Gegenwarts-Betrachtung
Ich beobachte momentan, dass einige Sexworker-Verbände eine enorme Energie für das angedachte Beschwerdeverfahren aufbringen, dass aber der aktive Umgang mit den zu erwartenden Gegebenheiten dahinter sehr zurückbleibt. Da das neue Gesetz ab 1. Juli 2017 aller Voraussicht nach gelten wird, ist es nun eindeutig an der Zeit dieser unangenehmen Realität ins Auge zu schauen.
Bei meinen Beratungsterminen erwähne ich die „Verfassungsbeschwerde“ fast immer, arbeite aber gleichzeitig an konkreten Strategien für Unternehmen in der Erotikbranche, die darauf abzielen, sich auf die neuen Vorgaben und Regulierungen frühzeitig einzustellen. Und das man hier besser früh als spät seine Überlegungen anstellt, dürfte klar sein: die/der Kluge baut vor und so wird sie oder er in der Jahresmitte eben nicht unvorbereitet überrascht!
In eigener Sache, möchte ich an dieser Stelle nochmals darauf hinweisen, dass ich meine Beratungsleistungen nahezu ausschließlich für Erotik-Betriebe, Massage-Institute, Escort-Services und Modellwohnungen anbiete, die nach dem neuen Gesetz in 2017 zu einer „Prostitutionsstätte“ werden und wo es im weitesten Sinne um Unternehmensberatung geht. Zwar gebe ich auch einzelnen Sexworkern gerne telefonische Auskunft zu allgemeinen Fragen, führe aber keine „Intensiv-Beratungen“ durch, sondern verweise anfragende Damen an die existierenden Fachverbände, die sich ja inzwischen mit neuen Beratungs- und Informationsangeboten bundesweit aufstellen.
Soviel zum „Abkassieren“ von Sexworkern durch den lieben Howard, der ja auch Teile seiner Fachpublikation für Sexworker nach wie vor kostenlos zum Download bereitstellt!
Aber egal, manchen Ideologen (oder nennen wir es besser „Idiotologen“?) ist nicht zu helfen und daran kann ich als alter Zuhälter, Brandstifter, windiger Geschäftemacher und Maulwurf leider nichts ändern. Die vielen positiven Rückmeldungen der vergangenen Wochen und die vielfältigen neuen Kontakte bestärken mich in meiner Arbeit, die in 2017 in ihrer Intensität sehr zunehmen wird. Damit landen wir beim dritten Punkt meines heutigen „Pamphlets“:
Was wird? – Der Ausblick auf 2017
Ich sprach eingangs schon über meine angedachten Schwerpunkte für 2017 und die Notwendigkeit meine Arbeit sinnvoll zu strukturieren: es ist bereits 5 vor 12 und in einem halben Jahr wird das neue Gesetz Inkrafttreten. Es gibt viel zu tun und ich packe es an! Hier mein Aktionsplan für 2017 in groben Zügen:
Januar bis Juni 2017
- Vorbereitende Beratungstermine bundesweit / Problem-Analysen
- Konzeptentwicklungen / Neustrukturierung von Unternehmen
- Kontaktaufnahme zu Ämtern und Behörden
- Informations-Seminare für die Branche (z.B. im März 2017 mit Berlin Intim)
- Aufbau eines Informationsportals mit Partnern aus der Erotik-Werbebranche
- Unterstützung von Tantra-Anbieterinnen zu einer Verfassungsbeschwerde
Juli bis Oktober 2017
- Anmelde-Unterstützung für Prostitutionsstätten
- Konzept-Einreichungen / Amtliche Anzeigen
- Behörden-Dialog im Mandanten-Auftrag
- Rechtliche Schritte in Kooperation mit Partner-Anwälten
Ab Januar 2017 liegen meine Schwerpunkte auf der Betreuung von Mandanten und ich bitte um Verständnis, dass ich in der kommenden Zeit für „rein informative Gespräche“ nur noch ein sehr beschränktes Zeit-Kontingent zur Verfügung habe. Daher bitte nicht böse sein, wenn ich einmal etwas verspätet antworten sollte! Zu meinen Vorhaben in 2017 werde ich natürlich in dieser Webpräsenz stets aktuell berichten.
Zum Schluss – Der Dank
An dieser Stelle danke ich allen, die mich im zurückliegenden Jahr tatkräftig und/oder ideell unterstützt haben. Dabei geht ein besonderer Dank an Ariane-Berlin, die in 2017 vielfältige neue Aufgaben übernehmen wird, an mein kreatives „Frankfurter-Cover-Motiv“ (Insider), die mich stets mit Rat und Tat unterstützt, an meine politische „Berlin Connection“ und an meine Partner, mit denen ich eine gute und intensive Zusammenarbeit pflege. Nicht zuletzt auch ein herzlicher Dank an die Mandanten und Freunde aus der Branche, die mir in 2016 ihr Vertrauen geschenkt haben. Ich bin mir der Verantwortung für 2017 bewusst und bleibe, wie es meine Art ist, natürlich immer emsig am Ball! Versprochen!
So … Zeit für die Abreise! Howard feiert Silvester rustikal in Prag und ist ab Dienstag, den 3. Januar 2017 wieder im publizistischen wie beratenden Dienst! Hurra und auf bald!
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