Kolumne Thomas Fischer – Im Recht – bei „Die Zeit” – Oktober 2016.
Prof. Dr. Thomas Fischer – Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof – ist ein Mann der markigen Worte und bringt es in unnachahmlichen spitzen wie treffenden Formulierungen in seiner Kolumne bei „Die Zeit” regelmäßig genau auf den schmerzenden Punkt: Analysen zu politischen wie rechtlichen Themen, Gesellschaftskritik und mehr. In dieser Woche hat sich der erfahrene Jurist u.a. auch mit dem neuen Prostitutionsgesetz publizistisch befasst und einmal mit den üblichen Klischees kräftig aufgeräumt:
„Der liebste Feind der Polizei ist der Hell’s Angel mit sieben Verlobten in drei Laufhäusern”
Jawoll, besagter „Angel” steht ganz oben auf der Liste und umgekehrt mag dieser natürlich die Polizei am allerwenigsten! – Keine skandalöse Aussage! – Aber schauen wir weiter:
Zu Korruption im Rotlicht-Milieu fällt Fischer folgende Meldung ein:
„Was kann ein bisschen Korruption da nicht alles bewirken? Bevor ein Polizeioberkommissar aus Limburg in einen Whirlpool mit drei 22-jährigen Thailänderinnen steigen darf, muss er lange sparen oder sich was einfallen lassen.”
Warum gerade Limburg? – Sicher ein Zufall … oder etwas nicht? – Limburg ist überall!
Ein Gedanke Fischers zur Armutsprostitution lautet:
„Eine tschechische oder ukrainische Frau kann drei Monate Gurken pflücken in Deutschland, oder drei Wochen anschaffen – für dasselbe Geld. Sie kann davon ein ganzes Jahr studieren oder die heimische Familie am Laufen halten. Wenn es klappt und sie keinem Haifisch in den Rachen fällt.”
Huch, da werden die Freundinnen der Emma-Redaktion jetzt wahrscheinlich aus dem Fenster springen, aber Fischer liebt die Provokation und will damit aufzeigen, dass Moral nun mal relativ ist und das es auf die Perspektive des oder der einzelnen ankommt. Wer erhebt den Zeigefinger und warum?
„Zu Zeiten der Europameisterschaften im Turmspringen reisen mindestens vier Millionen kasachische zwangsprostituierte Sklavinnen ein, von denen 24 in Nürnberg von einer bayerischen Sonderkommission festgenommen werden können.”
Damit verdeutlicht Fischer, wie vermeintliche Statistiken als stille Post entstehen und in den Medien ungeprüft oder auch angepasst verbreitet werden.
Fischers Anmerkungen, die mitunter leicht zotig anmuten, werten dabei nicht übermäßig, sondern geben interessante Denkanstösse, auch weil sie sich nicht der gewohnten Rhetorik bedienen, sondern zu einer eigenen Kunstform werden.
Großes Kino mit Worten, knallhart in der Aussage und in jedem Fall sehr lesenswert!
Chapeau, Herr Fischer … ich werde sicher Ihr Fan!
Diesen und viele weitere Fischer-Beiträge finden Sie hier: