Rotlicht traf Blaulicht! – Großer Andrang beim Info- Seminar von Berlin Intim in der Hauptstadt
Die Meyer´s hatten eingeladen und Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionsbetrieben aus ganz Deutschland trafen sich am vergangenen Samstag, dem 4. März 2017, im Mercure-Hotel Berlin-Charlottenburg zum lange erwarteten Informationsseminar zum neuen Prostitutionsgesetz, einem Gesetz, das vielen in der Branche böse Kopfschmerzen bereitet.
Im Flur hörte man neben dem bekannten Berliner Tönen Stimmen mit badischer und bayerischer Prägung: Leutchen aus München waren ebenso vertreten, wie Badener und Frankfurter. 500 km und mehr Anreise, um an der Branchentagung teilzunehmen, um mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu kommen und um mit Expertinnen und Experten die aktuelle Situation zu diskutieren.
Thomas von „Berlin Intim“ moderierte gekonnt souverän und sorgte mit seinem goldenen Klöckchen für Ruhe und Disziplin, Howard trat vornehmlich als „Vorleser“ auf, während Stephanie Klee vom BsD, die Rechtsanwälte Dr. Martin Theben und Marko Dörre sowie Holger Rettig vom UEGD auf vielfältige Fachfragen zum Gesetz im Detail eingingen.
Die Referenten des Tages
Stephanie Klee, die seit vielen Jahren für den Berufsverband Sexuelle Dienstleistungen spricht und auf viele Jahre in der aktiven Sexarbeit zurückblickt, schlug gekonnt die Brücke zwischen Sexarbeiterinnen und Betreibern, da sie sich in beiden Bereichen sehr gut auskennt. Frau Klee trat bereits oft als Expertin bei offiziellen Anhörungen auf, hat dabei stets auch die politische Aufgabe im Blick und überzeugte einmal mehr durch ihr umfangreiches Fachwissen. Noch nach dem Veranstaltungsende, befand sie sich in engagierten Einzelgesprächen, immer im Dienst der „gemeinsamen Sache!, die andere „Aktivistinnen“ oft aus dem Blick verloren haben. Stephanie Klee betonte, dass man bei allem notwendigen Protest, nicht vergessen darf, dass die Vorbereitung auf die Gegebenheiten des neuen Gesetzes jetzt dringend notwendig ist und man sich nicht darauf verlassen sollte, das eine Verfassungsbeschwerde im letzten Moment wieder für eine schöne heile Welt sorgen wird. Sie mahnte Vernunft und Voraussicht an und ist dabei so „herrlich normal“ im Umgang!
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Dr. Martin Theben, Fachanwalt für Arbeitsrecht, präsentierte sich als gewiefter und rhetorisch starker Referent. Mit viel Wortwitz und komplexen Denkansätzen, hinterfragte er an vielen Stellen das juristische „Werk“ und verwies dabei immer wieder explizit auf einzelne Paragraphen des Gesetzes, die in ihrer verfassungsrechtlichen Betrachtung als fraglich erscheinen und die den Gerichten im Laufe dieses Jahres noch so manche neueAkte bescheren dürften. Einschränkung von Rechten, aufgezwungener Schutz und vorgeschrieben Befragungen, die eher wie „Verhöre“ anmuten, sorgen bei Dr. Theben für nachhaltiges Kopfschütteln. Es wurde deutlich, dass der engagierte Jurist bereit ist für die Rechte von Sexarbeiterinnen wie Betreiber intensiv zu kämpfen und dass er für diese anspruchsvolle Aufgabe durch sein breites wie fundiertes Fachwissen geradezu prädestiniert ist.
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Rechtsanwalt Marko Dörre, der wohl bekannteste Jugendschutz-Experte in Deutschland, beantwortete Fragen zu den Werbeverboten des neuen Gesetzes gewohnt souverän und griff am Nachmittag dann auch das Thema „Verfassungsbeschwerde“ kurz und präzise auf. Als Jurist, der nicht nur in Amts- und Landgerichten, sondern oft auch auf den höheren Ebenen der Gerichtsbarkeit tätig ist, gehört Dörre zu den Leuten, die exakt wissen, wie die Jurispondenz funktioniert und wie Initiativen mit verfassungsrechtlichen Inhalten zu bewerten sind. Er ist der Überzeugung, dass ein sogenanntes Eilverfahren gegen das neue Prostitutionsgesetz keinen Erfolg haben wird, da erforderliche grobe Rechtsmängel nicht erkennbar sind und das Gesetz keine schwerwiegenen „handwerklichen Mängel“ enthält, die einen sofortige Blockade auslösen könnten. Ein „normales Hauptverfahren“ bringt dann wohl erst im kommenden Jahr oder noch später Ergebnissse, wobei niemals da komplette Gesetz zur Disposition stehen wird.
Zur Webseite von Marko Dörre
Holger Rettig, Präsident des UEGD, Lobbyist des Erotikgewerbes in Deutschlands und in dieser Funktion auch in die Entscheidungsfindung des Parlaments zum neuen Prostitutionsgesetz involviert, präsentierte sich als erfahrener Mann der Praxis, der seit über 10 Jahren für die Mitgliedsunternehmen seines Verbandes altiv ist und dabei versucht, das neue Gesetz in die betriebliche Praxis zu bringen. Er ist umfangreich vernetzt und ein Praktiker, der nun für die angeschlossenen Unternehmen Konzepte erarbeitet, Gutachten fertigen lässt und mit Rat & Tat zur Verfügung steht. Wenn man Rettig zuhört, erkennt an schnell, das er weiß, wovon er spricht und das sich durch seine langjährige Tätigkeit ein umfangreicher Erfahrungsschatz gebildet hat, der nun der Branche zugute kommt!
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Howard Chance, Publizist, der sich als Berichterstatter und Verfasser dieses Artikels natürlich schlecht selbstdarstellen möchte und selbiges somit unterlässt und seinen Blog für sich reden lässt und freundlich in die Runde winkt.
Homepage Howard Chance
Patentrezepte und Lösungen zum neuen Gesetz? – Was gibt es zu vermelden?
„Thomas Intim“ brachte es in seiner Moderation prägnant zum Ausdruck:
„Mitte des Jahres steht uns allen der Einschlag eines Kometen ins Haus, der unsere Umlaufbahnen kräftig verändern wird!“
Nach wie vor halten sich die Behörden bedeckt und trauen sich auch nicht so richtig in die Öffentlichkeit! Die Seminarveranstalter hatten Behördenvertreter aus Berlin eingeladen, um das Motto „Rotlicht trifft Blaulicht“ zu erfüllen, aber es fand sich dort niemand, der bereit war, Stellung zu nehmen, weil hausintern eben noch keine verlässlichen Informationen vorliegen. Zu erscheinen, um zu erzählen, dass man nicht viel weiß, sorgt ja dann höchstens für Lacher und bekräftigt vorherrschende Meinungen über Ämter und Behörden.
So traf „Rotlicht eben Rotlicht“, wobei auch in dieser Konstellation festzustellen war, dass es eben keine Patentrezepte gibt und das man sich stetig weiterinformieren muss und dabei auch seine „Quellen“ immer wieder prüfen sollte! Nach und nach werden zusätzliche Informationen eintreffen und bis Mitte des Jahre werden wir dann wahrscheinlich mit einer Flut von Informationen überschwemt, wobei sich Informationen auch widersprechen werden. Ideologie wird sich gegen Praxis stellen und die Einzelne und der Einzelne werden sich entscheiden müssen, welchen Praktikern oder welchen Ideologen man traut!
Dabei ist zunächst einmal der eigene Menschenverstand gefragt und danach kommt dann die Phase, wo man möglicherweise auf fundierten Rat angewiesen sein wird. Wir befinden uns gerade erst in der Entwicklung und neue Strukturen entstehen eben nicht von heute auf morgen. Ich, für meinen Teil, werde natürlich weiter intensiv berichten und dabei auch kontroverse Meinungen und Ansätze nicht verschweigen. Dabei mache ich grundsätzlich einen weiten Spagat zwischen journalistischem „Bloggen“ und anderen Intentionen, bleibe dabei aber im eng am vorgegebenen Thema.
Kleine „Nickelichkeiten“, die es im Eifer manchmal gibt, übersehe ich dabei wohlwollend, weil ich von dem, was ich schreibe und tue überzeugt bin und weil mein Team eben nicht nur aus
mir besteht, sondern Experten aus vielen Bereichen beinhaltet. Ich, nein wir, arbeiten an der
Sache und wir sehnen uns gemeinsam nach „Erfolgen“, die wir im miteinander erreichen.
Was ist nun die „rote Botschaft 2017″ aus Berlin?
Patentrezepte gibt es nicht! – Nur wer sich vorbereitet, wird nicht böse überrascht! Rechtssicherheit gibt es mitunter nicht! – Behördliche Willkür oder aufkommender Übereifer kann nicht ausgeschlossen werden! – Richtig oder falsch: welche Informationen stimmen? Landestypische Unterschiede werden das Bild prägen! – Klein beigeben oder Kämpfen? Dialog mit zuständigen Behörden kann nutzen oder schaden: ein Dilemma!
Aber: es gibt Verbände, Einzelpersonen und Rechtsanwälte, die Hilfestellungen bieten und den symbolischen Regenschirm bereithalten, wenn es aus dunklen Wolken merklich zu tropfen beginnt! Jede und jeder entscheidet selbst, ob und wie nass man wird!
Den Machern von „Berlin Intim“ gilt Dank für die Durchführung des Seminars, das Menschen zusammengeführt hat, die in diesem Jahr vor großen Herausforderungen stehen und vielleicht sogar um ihre Existenz kämpfen müssen!
Mein intimer Gruß gilt an dieser Stelle auch einigen sehr sympathischen Menschen, die ich in Berlin neu kennengelernt habe: Stephanie, Herrn Paris No. 5, den „Freudenhasen“, Mrs. Liberty und den Herren aus Baden.