Betreiben eines Prostitutionsgewerbes – Neue Gesetzgebung ab dem 1. Juli 2017
1. Die Untergruppen des Prostitutionsgewerbes
Beim Prostitutionsgewerbe gibt es grundsätzlich vier Untergruppen:
a. Betreiben einer Prostitutionsstätte
b. Betreiben eines Prostitutionsfahrzeugs
c. Organisation und Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen
d. Vermittlung von sexuellen Dienstleistungen
Egal ob ich einen Puff besitze, Modellwohnungen vermiete, rote Mobile auf meinem Liebes-Parkplatz anbiete, ob ich erotische Herrenabende mit Damen offeriere oder als Prostituierte eine gängige „Huren-WG“ führe: für all diese gewerblichen Tätigkeiten benötige ich eine amtliche Erlaubnis, die ich nach den Vorschriften des Gesetzes zu beantragen habe. Ginge es nur um eine Anmeldung, also um die Mitteilung, dass ich ein Gewerbe im Bereich der Prostitution ausübe, wäre es ja nur halb so schlimm. Dann käme die Information in irgendein amtliches Verzeichnis und der Ordnung wäre damit Genüge getan. Aber im Gesetz steht nun mal ganz klar „Erlaubnis“ und dies impliziert, das ich Auflagen zu erfüllen habe und zudem bei meiner Antragsstellung überhaupt nicht sicher ist, ob ich die Erlaubnis erhalten werde! Denn: die Erlaubnis für das Betreiben einer Prostitutionsstätte wird zugleich für ein bestimmtes Betriebskonzept und für bestimmte bauliche Einrichtungen, Anlagen und darin befindliche Räume erteilt. Jede „Prostitutionsstätte“ benötigt also ein Betriebskonzept und eine verantwortliche Person.
Sonderfall „Prostitutionsveranstaltungen“
Die Erlaubnis für die Organisation oder Durchführung von Prostitutionsveranstaltungen wird ebenfalls für ein bestimmtes Betriebskonzept erteilt. Sie kann als einmalige Erlaubnis oder als Erlaubnis für mehrere gleichartige Veranstaltungen erteilt werden. Ein Betreiber, der Veranstaltungen unter Einbeziehung von „aktiven“ Prostituierten anbietet, muss sein Gewerbe ohnehin im gewerberechtlichen Sinne (Gewerbeschein) anmelden. Bietet er Prostituierte und deren Leistungen an, bedarf er zusätzlich der Erlaubnis nach dem neuen Prostitutionsgesetz. Der Veranstalter muss dabei keine eigenen Räume besitzen, seine Erlaubnis gilt „betreiberbezogen“ und genehmigt wird ein bestimmtes vorzulegendes Konzept, über das die Behörde dann befindet! – Noch sehr viel lästiger erscheint es, dass die Prostitutionsveranstaltungen jeweils 4 Wochen vor dem Veranstaltungstermin „anzuzeigen sind“, was wieder einmal zusätzlichen Bürokratismus bedeutet. Selbst wenn das grundsätzliche Betriebskonzept genehmigt wurde, gibt es für jede Veranstaltung eine zusätzliche Einzelfallprüfung, bei der die Behörde dann durchaus Auflagen machen kann. Auch die Untersagung ist in jedem Einzelfall möglich. Einziges Zugeständnis: bei mehreren gleichartigen Veranstaltungen, die dann aber am gleichen Ort und in der gleichen Location stattfinden müssen, kann eine Erlaubnis für mehrere Termine ausreichen.
2. Erlaubnisvoraussetzungen für alle Betreiber
Rein exemplarisch möchte ich hier die Zuverlässigkeitsprüfung anführen. Alle Betreiber müssen ein Führungszeugnis vorlegen und dürfen in den letzten 5 Jahren nicht wegen schwerer Straftaten verurteilt worden sein oder innerhalb der letzten 10 Jahre nicht Mitglied in einem verbotenen Verein (z.B. Rockerclub) gewesen sein. Außerdem soll die erlaubniserteilende Behörde polizeiliche Stellungnahmen zur Person anfordern und bewerten. Zuverlässig müssen übrigens auch der Stellvertreter des Betreibers und seine Angestellten sein. Auch für diese ist die Überprüfung obligatorisch vorgeschrieben!
3. Unzulässige Vertragskonditionen
Hier spricht der Gesetzgeber von wucherartigen und intransparenten Vertragsbedingungen, bei denen die Prostituierten in eine schlechte Situation gebracht werden, indem man diese als schlecht bezahlte Scheinselbständige beschäftigt, ihnen Räume zu Wucher-Preisen vermietet und sie womöglich noch zu „Umlagen“ für Werbung oder sonstige Nebenkosten vertraglich verpflichtet. Werden solche Umstände als vorherrschendes Prinzip (= Konzept) erkannt, ist die Erlaubnis zu verweigern.
4. Pflichten der Betreiber gegenüber Prostituierten
Die Ausgestaltung sexueller Dienstleistungen wird ausschließlich zwischen den Prostituierten und deren Kunden und Kundinnen in eigener Verantwortung festgelegt. Damit beschreibt der Gesetzgeber unmissverständlich, in welcher Art und Weise eine sexuelle Dienstleistung von Prostituierten überhaupt erbracht werden darf. Preis und Leistung wird ausschließlich zwischen dem Kunden und der jeweiligen Prostituierten vereinbart, wobei die Prostituierte jederzeit das Recht hat den „Vertrag“, auch während des „Vollzugs“, einseitig zu kündigen. Wenn also der fesche Freier Klausi gerade die „Penetration“ vorgenommen hat, und die Dienstleisterin Susi sich in diesem Moment entscheidet, den Vertrag zu beenden, muss die „Nummer“ umgehend abgebrochen werden. Der Klausi hat trotz der vorherigen Vereinbarung keinen durchsetzbaren Anspruch auf Durchführung der abgesprochenen Leistung. Der Vertrag gilt in der Prostitution hier nur in umgekehrter Weise: Hat die Prostituierte eine vereinbarte Leistung erbracht, hat sie den Anspruch auf das abgesprochene Entgelt. Dieses Entgelt ist auch einklagbar, während Klausi nicht die rechtliche Möglichkeit hat gegen Susi einen „Vollzugs-Titel“ zu erwirken.
Weisungen des Betreibers dürfen sich unter keinen Umständen auf die Ausgestaltung und das Ausmaß der sexuellen Dienstleistung beziehen. Vorgaben und Anweisungen, die solche Tendenzen haben, sind als grober Verstoß gegen das Gesetz zu werten. Die Aufstellung eines Dienstplans ist bei wirklich vertraglichen „angestellten“ Prostituierten noch denkbar, ebenso, dass man in einer Hausordnung allgemeine Regeln aufstellt, die organisatorische Abläufe oder wichtige gesetzeskonforme Hygiene- und Sicherheitsvorschriften betreffen. Anwesenheitspflichten sind hingegen weder bei im Betrieb selbständig tätigen Prostituierten noch bei „Angestellten“ zulässig, da eine Prostituierte, gleich welchen arbeitsrechtlichen Status sie auch immer haben mag, jederzeit kündigen oder ihr Vertragsverhältnis zum Betreiber beenden kann.
Ebenso dürfen Prostituierte immer selbst entscheiden, ob sie einen Kunden annehmen oder eben nicht und ob sie sich auf bestimme sexuelle Praktiken einlassen. Sollte ein Betreiber die genannten Rechte einschränken, durch Anweisungen Einfluss darauf nehmen oder im schlimmsten Fall zu nicht gewollten Handlungen nötigen, würde dies unter dem strafrechtlichen Aspekt der „Zuhälterei“ zu betrachten sein. Eine gefährliche Sache, denn bei der Straftat der Zuhälterei gemäß § 181a Strafgesetzbuch gibt es Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren. Fazit: die im Betrieb tätigen Prostituierten sind in Zukunft „wie rohe Eier“ zu behandeln, wenn man keine Risiken eingehen will!
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http://prostitution2017.de/schutzgesetz/die-beratung-zum-neuen-prostituionsgesetz/
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