Prostitution 2018 – Presseschau zum 1. Januar 2018 by Howard Chance
Die schlichte Tatsache, dass zum 31. Dezember 2017 die “Übergangsfristen” des neuen Prostitutionsgesetzes enden bzw. geendet haben , ist vielen Zeitungen und Online-Portalen die ein oder andere Meldung wert! Bei einigen Medien gibt es sogar “Leitartikel”, die für die Betroffenen eher nach “Leidartikel” klingen Es gibt mal wieder recht sachliche, aber auch einige recht skurrile Meldungen, die ich als persönliche Auswahl einmal weitergebe und auch nicht weiter kommentiere! Auch Meldungen von Organisationen und Verbänden schließe ich in die bunte Sammlung ein. Prost Neujahr, meine Damen und Herren!
03.01.2018 – Nordwest-Zeitung
Spitzel im Rotlicht-Viertel
Ermitteln ungarische Polizisten illegal in Bremerhaven?
Die Ungarin Erzsébet Schmitz verwaltet Bordelle in Bremerhaven. Polizisten aus ihrem Heimatland sollen sie illegal in Deutschland ausgespäht und abgehört haben … Die Ungarin verwaltet die Häuser, kassiert von den Prostituierten Miete. Alles sauber, alles genehmigt, alles legal. In Deutschland zumindest.
In Ungarn, der Heimat von Erzsébet Schmitz, sieht man das anders. Nach ungarischem Recht ist die Unterstützung der Prostitution mit dem Betrieb eines Bordells eine Straftat. Der dritte Paragraf des ungarischen Strafgesetzbuchs regelt, dass das ungarische Strafrecht auch für im Ausland begangene Handlungen von ungarischen Staatsbürgern gilt. Bei einer Verurteilung in der Heimat drohen Erzsébet Schmitz bis zu zehn Jahre Haft.
Aber dafür braucht man Beweise. Und die wollten sich ungarische Ermittler offenbar in Bremerhaven selbst beschaffen.
Straftat in Ungarn – Pols und Schmitz erzählen, dass der ungarische Polizeioberstleutnant Peter R. und ein unbekannter Kollege erstmals 2013 in der Lessingstraße aufgetaucht seien, Prostituierte befragt und Ausweise kontrolliert hätten. Sie selbst wollen davon erst zwei Jahre später erfahren haben, durch Zeugenaussagen bei einem Prozess in Ungarn.
Nun ist es so, dass ausländische Strafverfolgungsbehörden auf deutschem Hoheitsgebiet keine Befugnisse haben, schon gar nicht für verdeckte Ermittlungen.
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29.12.2017 – Frankfurter Rundschau
Prostituiertenschutzgesetz
Maximale Verunsicherung der Frauen
Das Prostituiertenschutzgesetz ist erst ein paar Monate gültig, muss aber schon nachgebessert werden. Denn es hilft kaum. Der Leitartikel.
Es war nicht gerade eine Meisterleistung der Legislative, das umstrittene Prostituiertenschutzgesetz, das seit einem halben Jahr in Kraft ist. Ein kühnes Versprechen, wie sein Name sagt: Schutz vor Gewalt und sexueller Ausbeutung. Schnelle Wunder hat niemand erwartet. Aber dass vielerorts bisher wenig bis nichts passiert ist, das ist selbst für seine Befürworter – gelinde gesagt – irritierend.
Ende Dezember läuft die Frist ab, innerhalb derer sich alle Sexarbeiterinnen, die Männer sind hier mitgemeint, gesundheitlich beraten lassen und ihre Tätigkeit anmelden müssen. Bordellbetreiber brauchen ein polizeiliches Führungszeugnis und müssen bei Kontrollen nachweisen, dass sie sich etwa an neue Schutz- und Hygienevorschriften halten – vom Notrufsystem bis hin zu getrennten Toiletten für Prostituierte und Freier.
Das Gesetz wurde im Juli 2016 beschlossen, anderthalb Jahre hatten Länder und Kommunen also Zeit, die Umsetzung zu regeln und zu organisieren. Zeit, die sie zumeist nicht genutzt haben.
Gesundheitsberatung? Fehlanzeige! Irgendwann im Frühjahr, heißt es in Berlin und nicht nur dort. Ordnungsämter landauf und landab zeigen sich überfordert oder unwillig, solange Ministerien in den Landeshauptstädten Antworten schuldig bleiben. Wer trägt eigentlich die Kosten für zusätzliche Mitarbeiter: Sozialpädagogen, Ärzte, Gesundheitsberater? Wer schult Verwaltungsangestellte für sensible Gespräche mit einer Klientel, deren Lebenswirklichkeit ihnen komplett fremd ist? Gibt es Dolmetscherinnen? Viele Armutsprostituierte aus Osteuropa sprechen kein Deutsch.
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29.12.2017 – Spiegel Online
Anmeldepflicht für Prostituierte und Bordellbetreiber
Auf dem Papier
Es ist früh am Abend, in der Hamburger Herbertstraße ist noch nicht viel los. Die meisten Stühle in den Schaufenstern sind leer. Eine blonde Frau hat schon Platz genommen und wartet auf einen Freier. Sie hält sich ihr Handy vors Gesicht. Erst als man an die Scheibe klopft, blickt sie auf.
Was sie von dem neuen Prostituiertenschutzgesetz hält? “Die Mädels hier finden das alle scheiße, kannst du ruhig aufschreiben”, sagt sie. Es sei kein Schutzgesetz, sondern ein Unterdrückungsgesetz, das mit Repressalien arbeite. Dann schließt sie das Fenster.
Im Juli 2017 ist das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten. Es soll die Frauen im Milieu besser schützen: mit einer Kondompflicht und Beratungsgesprächen. Außerdem gilt eine Anmeldepflicht für Bordellbetreiber und Prostituierte. Am 1. Januar 2018 endet die Übergangsphase: Dann muss jede Frau einen speziellen Ausweis dabeihaben, wenn sie arbeitet. So will der Gesetzgeber Transparenz schaffen. Kann das gelingen?
Eine Stunde Zeit für Beratungsgespräch – Fabio Casagrande hat 60 Minuten Zeit, um herauszuhören, ob die Frau, die vor ihm sitzt, ausgebeutet wird. Der Sozialarbeiter führt für ein neu geschaffenes Amt in Hamburg die Anmelde- und Beratungsgespräche mit Prostituierten. Sie dauern eine Stunde, darin klärt Casagrande über Hilfsangebote auf, spricht über Krankenversicherung und steuerliche Fragen. Wenn die Frau kein Deutsch spricht, wird per Video ein Dolmetscher zugeschaltet.
Nebenher muss Casagrande auf Indizien achten, die auf eine Zwangslage hinweisen. “Das ist eine enorme Herausforderung”, sagt er. In Abstimmung mit Hilfsorganisationen und der Polizei habe man dazu einen Fragenkatalog entwickelt. Was er genau fragt, will er nicht verraten.
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28.12.2017 – Westfalen-Blatt
Prostituiertenschutzgesetz: Übergangsfrist läuft ab
Nur wenige Sexarbeiterinnen gemeldet
Mit dem Jahreswechsel endet in NRW die Übergangsregelung für das Prostituiertenschutzgesetz, dann müssen sich alle Sexarbeiterinnen angemeldet haben. Doch wie der Kreis Herford künftig Bordellbetreiber und Arbeiterinnen kontrolliert, ist noch offen.
Vertrauen schaffen in der Zusammenarbeit mit den Behörden, das sei laut Kreisdezernent Paul Bischof zunächst das Ziel: »Wir werden nicht bei jedem Besuch sofort die Polizei mitnehmen.« Verunsicherung in der Szene bleibt. Allerdings sei auch noch nicht klar, wie die Kontrollen aussehen werden, mit denen der Kreis sowohl die rechtmäßige Anmeldung der Bordelle durch die Betreiber, als auch die Anmeldung der Sexarbeiterinnen überprüfen will. »Aber wir werden sicherlich eine Checkliste haben.«
Doch die Verunsicherung in der Szene bleibt, wie es aus der Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle Theodora in Herford heißt. »Es kursieren falsche Informationen«, sagt Pfarrerin und Einrichtungsleiterin Birgit Reiche von der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen, zu der Theodora gehört. Einige Frauen hielten das gesundheitliche Beratungsgespräch für eine Zwangsuntersuchung. Andere hätten Angst, dass die bei der Anmeldung erfassten Daten in ihre Heimatländer weitergeleitet würden.
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29.12.2017 – WAZ
Hurenausweis
Aufschrei im Essener Rotlichtviertel gegen „Hurenausweis“
Essen. Prostituierte der Stahlstraße in Essen hängen Protest-Flugblatt ins Fenster. Darin lehnen sie die seit Juli gesetzlich vorgeschriebene Meldepflicht ab.
Die Stahlstraße, Essens Rotlichtviertel nahe dem Limbecker Platz, gilt als eine der ältesten Bordellmeilen Deutschlands. Ein Ort, an dem Männer seit jeher für Geld Sex kaufen können: in 17 Häusern und bei mehr als 100 Frauen. Seit einem halben Jahr sind diese verpflichtet, sich beim Ordnungsamt den so genannten „Hurenausweis“ ausstellen zu lassen. Ein umstrittenes Dokument, das viele Frauen nervt und die Branche verunsichert. „Aufschrei“ ist ein Protest-Flugblatt überschrieben, das die meisten Frauen der Stahlstraße jetzt demonstrativ in ihre Fenster gehängt haben.
„Wir, die Prostituierten, wollen uns hiermit wehren und Hilfe suchen“, heißt es darin. Die Frauen selbst bezeichnen sich sarkastisch als „horizontale, ohnehin malträtierte, kleine Minderheit“.
Einer, der die Stimmung unter den Prostituierten wohl am besten einzuschätzen vermag, ist Hans-Joachim Rottermann. Dem 60-Jährigen gehörten neben dem Betrieb in der Stahlstraße auch Häuser in Dortmund, Bochum und Hagen. Ein Rotlicht-Imperium, mit dem er einst die Nummer eins in Nordrhein-Westfalen war, das er inzwischen aber innerhalb der Familie in andere Hände gelegt hat. Er sagt: „Die Frauen in der Stahlstraße und anderswo sind durch den Hurenausweis verunsichert, es herrscht ein Klima der Unruhe.“
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