Prostitution 2017 – Glossar – Zuverlässigkeitsprüfung

Prostitution 2017 - Glossar - Howard Chance - Zuverlässigkeitsprüfung

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Erlaubnisvoraussetzungen für Betreiber

Wer eine Erlaubnis zum Betreiben eines Prostitutionsgewerbes erlangen möchte, muss grundsätzlich über 18 Jahre alt sein.

Keine wirklich große Überraschung, da man unter 18 Jahren auch nicht voll geschäftsfähig ist. Aber die Zahl der Bordellbetreiber in jugendlichem Alter dürfte auch äußerst gering sein. Oder haben Sie andere Erfahrungen? – Diese Festschreibung im Gesetz ist womöglich dem Umstand geschuldet, dass man als Minderjähriger in Deutschland auch unter 18 Jahren ein Gewerbe anmelden und ausüben kann, wenn der gesetzliche Vertreter (in der Regel die Eltern) und das Vormundschaftsgericht dem zustimmen. Um jegliches wirres Handeln der Eltern oder einen schlechten Tag des Vormundschaftrichters mit seiner Zustimmung zum Betreiben eines Bordells durch einen Minderjährigen nicht als „Lücke“ durchgehen zu lassen, hat der Gesetzgeber eben vorbeugend die Einschränkung ins Gesetz geschrieben!

Zuverlässigkeit der Person … auch ein sehr leidiges Thema

Da die Erlaubnis stets „personenbezogen“ erteilt oder eben versagt wird, erfolgt die amtlichen Prüfung hier sehr intensiv. Nicht, das da ein „Übeltäter“ durchs Raster schlüpft!

Um zuverlässig zu erscheinen, darf man – in der Regel – innerhalb der letzten 5 Jahre vor Antragsstellung n i c h t

a) wegen eines Verbrechens,

b) wegen eines Vergehens gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen die körperliche Unversehrtheit oder gegen die persönliche Freiheit,

c) wegen Erpressung, Betrugs, Geldwäsche, Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte, Bestechung, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt oder Urkundenfälschung,

d) wegen eines Vergehens gegen das Aufenthaltsgesetz, das Arbeitnehmerüberlassungs-gesetz oder das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder

e) wegen eines Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren,

rechtskräftig verurteilt worden sein.

So weit, so gut. Da hat sicher kaum jemand wirklich Einwände! – Verbrecher sind nun einmal prinzipiell als nicht zuverlässig einzustufen. Aber es geht ja noch weiter, denn man will sich ja nicht nur die „richtigen“, sondern auch gleich die „möglichen“ Verbrecher vom Leib halten:

Wem innerhalb der letzten 5 Jahre vor Antragstellung die Erlaubnis zum Betreiben eines Prostitutionsgewerbes untersagt wurde oder wer Mitglied eines unanfechtbar verbotenen Vereins ist oder war, bei dem gilt die Zuverlässigkeit als nicht gegeben. Dies gilt in der Regel auch, wenn die Mitgliedschaft nicht seit mindestens 10 Jahren erloschen ist.

Warum hacke ich so auf diesem „in der Regel“ herum? – Weil die Regel nun mal die Norm ist und es bei der Norm wohl immer Abweichungen oder Ausnahmen gibt. Bei den verbotenen Vereinen denke ich sofort an die meist eindrucksvoll tätowierten Herren mit den kräftigen Armen und der Neigung zum gemeinschaftlichen Motorradfahren, die in den Rotlicht-Vierteln der Republik oft als Wirtschafter oder Security tätig sind. Dass die Politik hier im Gesetz nicht gleich das Wort „Rocker“ reinschreibt, sondern „blumige“ Wortabfolgen bildet, auf die sich die Allgemeinheit keinen Reim machen kann, erscheint etwas merkwürdig, ist aber sicher einfach der juristisch sauberen Formulierungspraxis geschuldet. Nun sind aber nicht alle „Charter“ der bekannten „Angels“ , „Bandidos“ oder der „Xysilon-Biker“ verboten und so kann nur in einer mühevoller Einzelfall-Prüfung über die „Zuverlässigkeit“ des Einzelnen entschieden werden. Denn „Sippenhaft“ ist nun mal verboten! – Lustigerweise könnten nach Inhalt der vorliegenden Erläuterungen zum Gesetz und zugegeben leicht „schräger Auslegung“ z.B. Neo-Nazis, die Mitglied in einer verbotenen „Kameradschaft“ sind oder waren, möglicherweise durchaus im Rotlicht tätig werden, wenn sie bislang nicht milieutypisch aktiv waren. – Komisch, oder?

Die Behörde hat im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung zudem die Pflicht ein Führungszeugnis anzufordern und Erkundigungen bei Polizeibehörden anzustellen, ob dort womöglich konkrete Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorliegen. Es sollen polizeiliche Stellungnahmen erfolgen.

Neben dem „Führungszeugnis“, das ja ein übliches und häufig verwendetes Dokument ist, schaltet man also auch weitere Ermittlungsbehörden mit ein und lässt die Antragsteller mal gründlich durch den Polizei-Computer laufen. Wehe, dort gibt es irgendwelche Hinweise, die im weitesten Sinne als dubios erscheinen. Dann könnte das Amt womöglich die Erlaubnis „vorsorglich“ verweigern. Und eine polizeiliche Stellungnahme ist halt auch kein 08/15-Zettel, sondern ein qualifiziertes Dokument mit möglicherweise prekären Inhalten.

Die zuständige Behörde soll die Zuverlässigkeit des Betreibers in regelmäßigen Abständen, spätestens aber nach drei Jahren, erneut überprüfen. The „Amt“ is always watching you now! Die Vision von der möglichst lückenlosen staatlichen Überwachung wird hier zur Realität. Das einzige, was noch fehlen würde, ist die sogenannte „Umkehr der Beweislast“, bei der die Behörde die Unzuverlässigkeit unterstellen würde und der Antragsteller mühsam das Gegenteil beweisen müsste, um in den Genuss einer Erlaubnis zu kommen. Weit entfernt sind wir davon leider nicht und das Verfahren ist auch so schon steinig genug! – Die „Prüflinge“ liegen amtlich immer auf Wiedervorlage. – Glückwunsch!

Kontext:

http://prostitution2017.de/schutzgesetz/2017/01/09/prostitution-2017-auf-ein-wort-herzlich-willkommen-im-abenteuerland/

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