Prostitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen e.V. Frankfurt/Main

Prostitution 2018 - Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/MainProstitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/Main

Verfassungsbeschwerde, politische Arbeit, Situation ProstSchGesetz, Steuerrechts-Referat

Informationsstand: 5. Juni 2018 – Autor: Howard Chance – www.rotlicht-berater.de

Am vergangenen Wochenende war ich gemeinsam mit dem Kollegen Christoph Rohr von der Rotlicht-Akademie in Frankfurt am Main zu Gast, um neue gemeinsame Projekte zu besprechen, um ein wenig am Main zu entspannen und, last but not least, um an einer Veranstaltung von Dona Carmen e.V. teilzunehmen, die am Freitag, dem 1. Juni 2018 in der Beratungsstelle Elbestrasse stattfand.

Prostitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/Main – Wie steht es um die anhängige Verfassungsbeschwerde? 

Nach der Begrüßung durch Juanita Henning, berichtete Franziska Funk zum gegenwärtigen Stand der Verfassungsbeschwerde, die ja vom Bundesverfassungsgericht angenommen und auf die Agenda des Gerichts gesetzt wurde. Wurde zunächst vermutet, dass die numerische Aktenzeichen-Nummer für eine eher späte Verhandlung im Herbst oder Winter 2018 stehen könnte, sind die Nummern nach Auskunft des Verfassungsgerichts keine chronologische Festlegung! Es kann also sein, dass die Beschwerde aus möglicherweise erkannten Gründen der Dringlichkeit früher im Jahr verhandelt wird! Bei Dona Carmen e.V. ist man zuversichtlich, hat aber zusätzlich auch noch ein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof in Planung, falls man in Karlsruhe scheitern sollte! Mit Prognosen für das Beschwerdeverfahren war man vorsichtig, da in Deutschland Rechtssprechung und Politik oft nahe beieinander sind und die Richterinnen und Richter in Karlsruhe ja auch von der Regierung ins Amt berufen werden. Zwar gibt es eine Gewaltenteilung, aber gegenüber Gesetzen der Regierung sind die Verfassungsrichter(innen) womöglich zurückhaltender? Außerdem gibt es ja noch den bekannten Spruch zu Ereignissen “vor Gericht und auf hoher See”, wo es durchaus Überraschungen geben kann! Justizia ist nun mal nicht blind, sondern zum Glück oder leider, je nachdem auf welcher Seite man gerade steht, auch menschlich! Entscheidungen folgen also nicht nur der juristischen wertfreien Logik, sondern ein Stück weit auch der persönlichen Ethik und Emotion! Daher kann man nur abwarten, was noch in 2018 passiert! Die unpopulistische Darstellung von Dona Carmen e.V. war hier wohltuend und auch absolut seriös.

In diesem Zusammenhang sei hier auch die Pressemitteilung des Vereins zum “Internationalen Welthurentag” erwähnt, die Sie unter folgendem Link finden:
https://www.donacarmen.de/pressemitteilung-internationaler-hurentag-2018-behoerden-vertuschen-ausmass-der-illegalisierung-von-sexarbeit-durch-prostituiertenschutzgesetz/#more-2020

Der Verein Dona Carmen e.V. bezeichnet das “Prostituiertenschutzgesetz” nach wie vor als “Schandgesetz” (Zitat Juanita Henning) und hat sich daher bewusst entschieden nicht bei der Umsetzung des Gesetzes mitzuwirken! “Man kann ja nicht einerseits gegen ein Gesetz kämpfen und gleichzeitig die Umsetzung unterstützen!” Diese klare Position vertritt Dona Carmen e.V. im Gegensatz zu vielen anderen Beratungsorganisationen und Sexworker-Verbänden, die sich gewissermaßen mit den Umständen “arrangiert” haben oder sogar durch öffentliche Fördermittel “beeinflusst” wurden! Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing?

Dona Carmen-Vorstandsmitglied Gerhard Walentowitz machte hier aus seiner persönlichen Verärgerung über den bisweilen erkennbaren “Opportunismus”  keinen Hehl und Juanita Henning betonte nochmals die Wichtigkeit des politischen Protests, der die juristischen Maßnahmen unbedingt begleiten muss! Wird es möglicherweise eine Sternfahrt nach Karlsruhe geben, wenn das Beschwerdeverfahren dort stattfindet? Lassen sich überhaupt Sexworker(innen) und Betreiber in größerer Zahl mobilisieren oder bleibt die Last auf einigen wenigen Schultern liegen? Wie kommt das Thema wieder in den Blick der Öffentlichkeit? Die Branche erscheint “bequem”, und “konsumiert” gerne Information, wird aber nicht wirklich “aktiv”, selbst dann nicht, wenn es um die eigene Existenz geht? Juanita Henning regte die Gründung eines “Betreiber-Verbandes” an, der dringend erforderlich sei, um Interessen zu bündeln und um gemeinsam etwas zu erreichen! Wenn nicht jetzt, wann dann?

Prostitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/Main – Wie ist die aktuelle Lage im Bereich der Prostitution? Wo und wie wird das Gesetz in den einzelnen Bundesländern umgesetzt?

Gerhard Walentowitz hatte für die Veranstaltung eine umfangreiche Excel-Präsentation entwickelt, die verdeutlichte wie unterschiedlich die “Lage” in den Bundesländern ist. Es gibt Bundesländer mit Umsetzungverordnungen, in einigen fehlt sie noch! Mal werden Sexworkerinnen an einer zentralen Stelle beraten, mal gibt es hierfür viele kleine Einheiten. Bayern, NRW und Niedersachsen machen bereits “ernst”, anderenorts wartet man noch ab. Eine Bund-Länder-Kommission tagt im Hintergrund und es werden womöglich umfangreiche
Prüf-Szenarien geplant und gemeinsame “Ziele” formuliert? Spekulationen, aber vielleicht nicht so abwegig! Mir persönlich behagt dieses “Freund-Feind-Bild” nicht, da ich schon viele sehr positive Behördenkontakte hatte und den generellen “Vernichtungswillen” nicht erkennen kann, aber unter Umständen bin ich da ein wenig naiv? Die momentan noch herrschende Ruhe ist jedenfalls trügerisch, denn wir stehen ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes erst am Anfang der “Regulierung”, die unweigerlich erfolgen wird!

Da (sehr) viele in der Branche noch nicht “direkt” betroffen sind und auf bundesweite Sicht ein Großteil der “Sexworkerinnen” noch nicht erfasst und der überwiegende Teil der “Betriebe” noch keinen Konzessionierungs-Antrag gestellt hat (so die Vermutung), wird es in nicht ferner Zukunft sicher zu erheblichen “Überraschungen” für die kommen, die davon ausgehen, dass das Gesetz irgendwie an ihnen vorüber geht! Wenn die vorliegende Verfassungsbeschwerde nicht greift, wird es nach und nach überall “unromantisch” im Gewerbe! Da sind sich die Experten sicher!

Prostitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/Main – Steuerliche Aspekte für Sexworker(innen) und Betreiber – Fachvortrag

Während der erste Teil des Tagesseminars vornehmlich der Situationsbeschreibung diente und Dona Carmen e.V. bewusst keine Hilfestellung zur Umsetzung des Gesetzes gab, sich also nicht mit Betriebskonzepten und ähnlichem befasste, war der zweite Teil deutlich praxisorientierter.

Es ging um die Definition von “Selbstständigkeit” in der Sexarbeit, um Umsatzsteuer und darum, wer diese warum zu entrichten hat. Alles Fachthemen, die auch ohne das neue Prostituiertenschutzgesetz von Bedeutung sind und waren, die nun aber durch die “Zwangsregistrierung” einer ganzen Branche ganz erhebliche Massnahmen auslösen. Zehntausende von Sexworker(innen) haben wahrscheinlich keine Steuernummer; Steuervorauszahlungen wurden, wenn überhaupt, lediglich im “Düsseldorfer Verfahren” geleistet. Nun werden “Erfassungsbögen” verschickt, die eindeutig das Ziel haben, neue “Steuerbürger(innen)” zu generieren und auch der Blick in die “steuerliche Vergangenheit” ist sehr wahrscheinlich.

Viele steuerliche Regeln kollidieren sogar mit dem neuen Prostituiertenschutzgesetz, das “Düsseldorfer Verfahren” ist umstritten, aber momentan noch notwendig? Wohnsitz-Finanzämter und die Steuerfahndung, die das “Düsseldorfer Verfahren” verwaltet, buhlen um die Taler für die Staatskasse? Eine merkwürdige Situation, auf die man sich aber einstellen sollte, bevor man ins Visier der Finanzermittler gerät! Der Wille zu einer “gewissen Steuerehrlichkeit” sollte stets vorhanden sein und man sollte sein “steuerliches Konzept” eben frühzeitig entwickeln.

Prof. Dr. Thomas Zacher (Fachanwalt für Steuerrecht aus Köln) erläuterte anhand einer umfangreichen Präsentation, wie Finanzbehörden den “Selbstständigkeits-Status” im “Rotlicht” prüfen und welche Folgen es hat, wenn “Scheinselbstständigkeit” vorliegt oder vorliegen könnte! Wer zahlt die Umsatzsteuer? Wer ist überhaupt wann und wie umsatzsteuerpflichtig und warum sollte man unterschiedliche “Konstellationen” überdenken? Denn das “Steuermodell” muss auch im Betriebskonzept des Betreibers dargelegt werden und die “selbstständigen Dienstleisterinnen” sollten wissen, warum sie “selbstständig” sind! Prof. Dr. Zacher erläuterte charmant und sachkundig und beantwortete auch viele Fragen aus dem sehr wissbegierigen Publikum! Wie Finanzbehörden und Ordnungsbehörden zusammenfinden werden, ist noch ziemlich unklar, aber die “Allianz” wird für alle gefährlich, die “unsauber” arbeiten. Die staatlichen “Forscher” arbeiten mit modernster Technik und dabei regelmäßig sehr effektiv! Und: der Staat fordert konkrete Ergebnisse, nämlich umfangreiche neue Einnahmen für die hungrige Staatskasse. Weniger Moral, mehr Geld?

Prostitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/Main – Entdeckte Gemeinsamkeiten – Visionen – Ziele

An dieser Stelle danke ich, sicher auch im Namen von Christoph Rohr, dem gesamten Team von Dona Carmen e.V. für die Einladung zur Veranstaltung in Frankfurt am Main. Es war für uns wichtig Gemeinsamkeiten zu entdecken und ein Stück weit den Schulterschluss zu suchen, der in unserer Arbeit essentiell ist! Zwar sind wir als gewerblich tätige Berater immer wieder in der Kritik, weil wir ja Geld für unsere Dienstleistungen nehmen, aber ich glaube, dass wir mit einigen Vorurteilen aufräumen konnten?

Prostitution 2018 – Informative Veranstaltung bei Dona Carmen Frankfurt/Main – Afterparty im “Leierkasten” – Die Berater zu Gast bei Freundinnen und Freunden

Der Frankfurter “Leierkasten” ist legendär und dies nicht erst seit der Zeit, wo Tommy (genannt die Zofe) im Auftrag der Familie Schütz im Haus das “Mädchen für alles” war. Eine In-Kneipe im “Crazy Sexy-Laufhaus” mit Außengastronomie, wo es Touristen, schwere Jungs und leichte Mädels aus dem Kiez hinzieht. Nur einen Katzensprung vom Dona-Carmen-Domizil entfernt, gab es dort am Freitagnachmittag die inoffizielle “Afterparty”, wo geklönt und nochmals fleissig diskutiert wurde. Franziska war da, der “Frankfurter Wolfgang”, Annette als langjährige Betreiberin, eine Kollegin aus München und weitere Protagonisten. Eine illustre Runde, in der wir uns wohlfühlten. Neue Kontakte und möglicherweise neue Projekte, die Christoph und ich im Biergarten des “MainNizza” und bei einer gemeinsamen Schifffahrt auf dem Main andachten. Es lebe die Kooperation und der Austausch: vielleicht bald bei einem “Runden Tisch Prostitution Deutschland“? Dazu weitere Informationen in Kürze! Glück auf!