Die Besteuerung von Sexarbeit ist trotz ProstSchG und amtlicher Registrierung ineffizient und führt bisweilen ins Chaos

Prostitution und Steuer - Aktuelle ProblemstellungenDie Besteuerung von Sexarbeit ist trotz ProstSchG und amtlicher Registrierung ineffizient und führt bisweilen ins Chaos

Prostitution und Steuer – Aktuelle Problemstellungen

Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) bescherte und beschert den deutschen Finanzbehörden umfangreiche neue Aufgaben: sobald sich eine Sexarbeiterin bei einer Ordnungsbehörde registriert, erhält das „zuständige“ Finanzamt eine Mitteilung über die erfolgte Anmeldung. Hat die Sexarbeiterin eine deutsche Meldeadresse, ist die Zuständigkeitsfrage schnell geklärt: laut Abgabenordnung ist das Wohnsitz-Finanzamt zuständig und dieses versendet dann in der Regel einen sogenannten Erfassungsbogen, mit dem der steuerliche Status dann geklärt werden soll. Doch falls die neu registrierte Sexworkerin keinen Wohnsitz in Deutschland hat, wird die Sache sehr kompliziert. Mangels Wohnsitzes gibt es nämlich kein zuständiges Finanzamt und es werden u.U. an mehreren Orten neue Finanzamts-Akten aufgemacht, wenn eine Sexarbeiterin ihren Aufenthaltsort wechselt und in diverse Kontrollen der Finanzbehörden gerät!

Es ist im ProstSchG vorgeschrieben, dass bei jeder Registrierung eine Meldeanschrift oder in Ermangelung einer solchen eine sogenannte „Zustellanschrift“ anzugeben ist, unter der eine Sexarbeiterin behördliche Post empfangen kann. Der Begriff der „Zustellanschrift“ ist dabei ein völlig neuer Begriff, der im ProstSchG aber nicht genau definiert ist. Eine Zustellanschrift ist, vereinfacht gesagt, eine postalische Anschrift, an der eine Person Post erhalten kann, ohne unter dieser Anschrift zu wohnen und/oder gemeldet zu sein.

Das „Post erhalten können“ setzt aber voraus, dass die Person, die eine solche Anschrift beim Amt angibt, auch über den Eingang von Post informiert wird, wenn solche eingeht. Wird die Anschrift eines Clubs oder die eines Bekannten verwendet, muss sich die Sexarbeiterin darauf verlassen können, dass der Club oder der Bekannte sie bei Abwesenheit über Posteingänge informiert. Ist die Sympathie untereinander gestört, so landet die wichtige Post möglicherweise ungeöffnet im Altpapier. Außerdem entsteht bei solcher Vorgehensweise auch schnell eine Abhängigkeit, möglicherweise ein Verlangen nach Gegenleistungen und notwendige Vollmachten zur Brieföffnung etc. liegen zudem selten vor! Viel sicherer ist es, wenn man einen seriösen Dienstleister wie ZustellAnschrift.de bevollmächtigt, der eingehende Post zu fairen Konditionen digitalisiert, per SMS und E-Mail über neue Post benachrichtigt und dazu noch einen Büroservice zur Verfügung stellt.

Weder die vorhandenen Registrierungsstellen der Ordnungsbehörden noch die Erfassungsstellen der Finanzämter unterscheiden zwischen einer Wohnanschrift und einer Zustellanschrift, obwohl dies dringend notwendig wäre, um den weiteren Prozess sinnvoll zu gestalten. Die Finanzbehörden versenden den steuerlichen Erfassungsbogen so auch an Adressen, an denen der Adressat überhaupt nicht mehr verweilt und wo er wichtige behördliche Post im Zweifelsfall überhaupt nicht erhält. Mangels vorgenommener Unterscheidung bzw. Prüfung betrachten die Finanzbehörden auch „private“ Zustellanschriften automatisch als Wohnsitz im Sinne der Abgabenordnung! Damit wird eine uneingeschränkte Steuerpflicht unterstellt, die womöglich gar nicht vorliegt. Wenn ich meinen dauerhaften Aufenthalt nämlich nicht in Deutschland habe, sondern mich beispielsweise einen Großteil des Jahres in meinem Heimatland außerhalb Deutschlands aufhalte, zahle ich nämlich meine Einkommensteuer, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen vorliegt, was z.B. EU-weit der Fall ist, im Heimatland.

Bei der Umsatzsteuer verhält es sich hingegen anders: hier geht man in der Regel vom Ort der Leistungserbringung aus. Wird die sexuelle Dienstleistung in Deutschland erbracht, ist der Umsatz auch in Deutschland zu versteuern. Doch hier ist im ersten Schritt erst einmal zu überprüfen, ob Umsatzsteuerpflicht entsteht. Wenn ich keinen Erfassungsbogen erhalte, weil die Zustellanschrift nicht funktioniert oder weil keine Weiterleitung erfolgt, kann weder eine Steuernummer zugeteilt werden, noch eine Beurteilung erfolgen, ob eine Umsatzsteuerpflicht vorliegt! Kommt der Erfassungsbogen, den schon der Normalbürger mit Abitur kaum versteht, nicht zum anfordernden Finanzamt zurück, sendet dieses eine Mahnung und irgendwann auch eine Bußgeld-Androhung und schließlich eine Bußgeld-Festsetzung.

Von all dem erfahren ausländische Sexworkerinnen dann nie oder irgendwann auf sehr unangenehme Art und Weise. Wenn die Finanzbehörden nämlich nach unzähligen Briefen feststellen, dass die Person an der genannten Zustellanschrift nicht erreichbar ist, wendet man sich an die Registrierungsbehörde nach dem ProstSchG, wo ja die Heimatanschrift der jeweiligen Sexarbeiterin durch deren Registrierung bekannt ist. Im Sinne der Amtshilfe werden dann die Behörden im Ausland angeschrieben und um „Hilfe“ bei der Besteuerung gebeten! In Ländern, wo Prostitution eine Ordnungswidrigkeit oder sogar Straftat ist, eine sehr unangenehme Angelegenheit, weil damit Umstände offenbart werden, die eigentlich im Verborgenen bleiben sollten.

Es kann sogar passieren, dass „Schätzungen“ in Deutschland mangels Einspruchs „rechtskräftig“ wurden und dann im Ausland beigetrieben werden sollen. Hier rückwirkend etwas wieder „gerade zu rücken“ ist äußerst schwierig und erfordert fundiertes juristisches Fachwissen, also einen Anwalt, der die Zusammenhänge versteht und aufklären kann. Und das dann auch noch im Ausland!

Dass die Suche nach ausländischen Steuerschuldnern sehr aufwendig ist, ist die eine Sache! Dass die Beitreibung von Geld noch viel komplizierter ist, ist die andere Sache! Die wenigsten Sexarbeiterinnen haben verwertbares Vermögen und der deutsche Fiskus hat dann zwar einen Vollstreckungstitel, aber eben kein Geld eingenommen. Verschwendung von Ressourcen, viel Aufwand und am Ende kein Geld in der Steuerkasse, zumal die Begleichung der Schulden ja auch nur durch neuerliche „Prostitution“ erfolgen kann, was ja moralisch betrachtet auch sehr zweifelhaft erscheinen kann. Je größer die vom Fiskus eingeforderte Summe, dessen unwahrscheinlicher deren Begleichung und dies gilt gleichermaßen für einheimische wie ausländische Sexarbeiterinnen!

Viele Finanzbehörden haben inzwischen erkannt, dass man bei der „neuen“ Besteuerung von Sexarbeiterinnen, die nicht in Deutschland wohnhaft sind, oft ins Leere läuft. An dieser Stelle wird der Ruf nach einer individuellen und effektiven Besteuerung laut, die es ja mit dem sogenannten „Düsseldorfer Verfahren“ bereits seit Jahrzehnten gibt, ein Verfahren, bei dem von einer Sexarbeiterin eine „pauschale Abgabe“ pro Arbeitstag geleistet wird, die als eine „freiwillige Vorauszahlung“ auf eine möglicherweise entstehende Steuer zu verstehen ist. Das „Düsseldorfer Verfahren“ hat dabei ein gewisses „Geschmäckle“, da es Finanzbehörden gibt, die eine Teilnahme quasi „vorschreiben“, ohne dass es dafür ein Gesetz oder eine Vorschrift gibt.

So kommt es sogar oft vor, dass man Betreiber zu „Hilfskassierern“ macht und diesen im Extremfall sogar Mahnungen schickt. Übrigens wird das Verfahren nicht in allen Bundesländern angewendet, wobei in der Argumentation auch mit mangelnder „Steuergerechtigkeit“ argumentiert wird.

Doch etwas abstrakter betrachtet, ist das „Düsseldorfer Verfahren“ womöglich die einzig sinnvolle Lösung, um dem Staat zu nennenswerten Erträgen aus der Sexarbeit zu verhelfen. Jeden Tag eine kleine Summe zu zahlen, ist fast allen Sexarbeiterinnen möglich, sobald es „fette Summen“ sind, erfolgt die Kapitulation! Gelebte Praxis und durchaus nachvollziehbar! Der Staat muss sich an dieser Stelle entscheiden, ob man eine pauschale „Kompromiss Summe“ akzeptiert oder ob man „alles oder nichts“ spielt, wobei das Risiko beim „nichts“ zu landen doch sehr groß ist!

Das „Düsseldorfer Verfahren“ müsste diesbezüglich „modernisiert“ werden! Momentan gibt es keine konkrete Aussage, auf welche Steuerart die Vorauszahlung verbucht wird. Geht es nur um Einkommensteuer oder auch um Umsatzsteuer? Kann eine „Abgeltung“ überhaupt versprochen werden und können verschiedene Steuerstellen hier kooperieren? Bislang „verwalten“ die Steuerfahndungen das „Düsseldorfer Verfahren“ und die „normalen“ Finanzämter kennen das Verfahren oftmals gar nicht und fordern dementsprechend parallel zu Steuererklärungen auf, da es keine einheitlichen Datenbanken gibt und so kein Abgleich! Die Steuerhoheit liegt zwar prinzipiell beim Bund, aber die Bundesländer sind die ausführenden Organe und denen mangelt es beim vorliegenden Thema an der notwendigen Koordination.

Wichtig: nimmt man als Betreiber momentan am „Düsseldorfer Verfahren“ teil, setzt man sich dem Risiko der „Umsatzsteuerhinzurechnung“ aus, da einige Finanzgerichte die Teilnahme als „schädliches Indiz“ bewerten und die Betreiber dadurch u.U. in die Haftung für nicht gezahlte Umsatzsteuer genommen werden. Die Betriebe müssen Umsatzsteuer für „Dritte“ begleichen und damit Gelder, die von den Betrieben überhaupt nicht vereinnahmt wurden, stellvertretend zahlen. Bei großen Betrieben mit vielen „Damen“ ist dann die Existenz auf Knopfdruck zerstört!

Im Ergebnis wäre es auch sinnvoll das „Düsseldorfer Verfahren“ nicht an die Betriebe zu koppeln, sondern jeder Dienstleisterin die Möglichkeit zu geben als Individuum am Verfahren teilzunehmen. Dazu müssten „persönliche Steuernummern“ für das „Düsseldorfer Verfahren“ vergeben werden. Warum wäre dies sinnvoll? Weil wir es überwiegend mit reisenden Damen zu tun haben, die im Laufe eines Jahres an vielen Adressen arbeiten. Die Zuordnung zu einer „betrieblichen Düsseldorfer Steuernummer“ macht die Abwicklung intransparent, aufwendig und für den Betreiber sogar, wie schon erwähnt, gefährlich. Die Steuerbehörden sind gerade jetzt gefragt eine sinnvolle und praktikable Lösung zu finden! Nur so werden einerseits dem Staat regelmäßig verlässliche Einnahmen aus der Sexarbeit entstehen und andererseits für Sexworker klare rechtliche Regelungen geschaffen!

Hierbei können seriöse Dienstleister, wie zum Beispiel die ZustellAnschrift.de, auch helfen den Kontakt zwischen der Sexarbeiterin und den zuständigen Finanzbehörden herzustellen und darüber hinaus bei der Erklärung und Abrechnung der „Düsseldorfer Zahlungen“ Tools zu Verfügung stellen, die sich an der Praxis orientieren. Düsseldorfer Verfahren 2.0: digital, professionell und sicher!