Der Koalitionsvertrag steht – Sexkaufverbot erst einmal nicht in Sicht!
Eine politisch sachliche Einschätzung by Howard Chance
Für die Erotikbranche waren die Koalitionsverhandlungen der vergangenen Wochen sehr spannend: die CDU/CSU hatte sich in der vergangenen Legislatur für die umgehende Einführung eines Sexkaufverbots und eine damit verbundene Freierbestrafung eingesetzt, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren gestartet und sich unter dem kryptischen „3-Säulen-Modell“ auch im Wahlkampf deutlich positioniert.
So was es dann auch kein Wunder, dass das Sexkaufverbot ein zu erörterndes Thema in einer der Unterverhandlungsgruppen der Koalitionäre wurde. Die CDU/CSU erneute die Absicht den Sexkauf in Deutschland zu verbieten, die SPD sprach sich klar dagegen aus und regte an die gerade stattfindende Evaluation des ProstSchG abzuwarten und danach zu überlegen, was zu tun sei.
Im Ergebnis hat sich die SPD in diesem Punkt durchgesetzt: das Sexkaufverbot ist laut Koalitionsvertrag nun erst einmal vom Tisch. Wichtig für die Branche! – Dennoch finden wir im Koalitionsvertrag den Hinweis, dass Deutschland Drehscheibe des Menschenhandels geworden sei und man die Prostitutionsgesetzgebung nach erfolgter Evaluation „bei Bedarf“ unter Hinzuziehungen von unabhängigen Experten nachbessern werde. Die Formulierung ist schwammig, wie vieles in dem umfangreichen Vertrag.
In der kommenden Regierung wird das Familienministerium von der CDU geführt werden und dieses ist für die Evaluation des ProstSchG und die Auswertung der Ergebnisse dann zukünftig verantwortlich. Als Ministerin ist die Juristin SIlvia Breher im Gespräch, die auch eine der stellvertretenden Parteivorsitzenden der Union ist und im vergangenen Jahr in Abstimmung mit der Frauenunion „Sympathie für das Nordische Modell“ bekundete. Wie sie sich in Ministerverantwortung dann positioniert, bleibt abzuwarten.
Die Gallionsfigur der Sexkaufgegner:Innen in der CDU/CSU Frau Dorothee Bär zieht es hingegen in den Weltraum: sie soll Ministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt werden und ist dann vielleicht die erste deutsche Politikerin im Weltall? Unseren Segen hat sie jedenfalls und wir hoffen, dass sie ihr neues Betätigungsfeld ausfüllt.
Wenn die Parteien dem Koalitionsvertrag zustimmen und Friedrich Merz Anfang Mai zum Bundeskanzler gewählt wird, werden sich dann auch die diversen Ausschüsse konstituieren. Die Evaluation des ProstSchG ist bereits abgeschlossen, der entsprechende Abschlußbericht dürfte bereits in der Schublade des Familienministeriums liegen, wo eben dann die CDU als Hausherr einziehen wird. Spätestens am 1. Juli 2025 wird der Bericht den Mitgliedern des Familienausschusses zugehen und man wird diesen dann wohl zunächst intern diskutieren.
Ein gewisser weiterer Handlungsbedarf wird sicherlich entstehen und wird vermutlich in einigen Anpassungen am ProstSchG münden. Das gewünschte erste Etappenziel (Sexkaufverbot verhindern) ist erreicht, aber es ist davon auszugehen, dass die CDU/CSU das Thema weiterverfolgen wird und dass auch die Sexkaufgegner:innen weiter auf die Barrikaden gehen werden.
Ob bei den Koalitionsvereinbarungen einfach die Vernunft gesiegt hat oder ob der vorliegende Kompromiß quasi „zeitlich verschiebend“ herbei geführt wurde, um den Koalitionsvertrag zeitnah zu ermöglichen, werden wir nicht erfahren und für diverse Mythen, die dazu im Web kursieren, gibt es keine belegbaren Fakten.
Das „Bündnis für legale Sexarbeit“ wirft jetzt nicht unter dem Motto „Alles gut!“ die Flinte ins Korn! – Der höchst informative Faktenreader 2025 ist größtenteils erstellt, wird nun noch aktualisiert und dann in nicht allzu ferner Zukunft als konkretes Arbeitspapier für Betreiber:innen, Politik und Verwaltung präsentiert und in Umlauf gebracht. Weitere Informationen folgen dazu vor dem Osterfest.
Für heute verbleibe ich mit kollegialen Grüßen
Ihr / Euer
Howard Chance
https://www.zukunft-rotlicht.info
Koalitionsvertrag 2025 zum Download: https://usercontent.one/wp/zukunft-rotlicht.info/wp-content/uploads/2025/04/Koalitionsvertrag_2025.pdf?media=1723214039